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5HP im Alltagseinsatz


Ehrwuerden

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Es ist wiedermal so ein verregneter Montag, der zum Schreiben einlädt. Leider, denn eigentlich fahre ich lieber blödsinnig in der Gegend herum. Aber zuerst hat mich die verbogene Kurbelwelle meines Rüpelerpels auf Trab gehalten, dann ein Ententreffen auf der schwäbischen Alb, und jetzt regnet es, wie gesagt.

Mittlerweile liegt mir der Fünfer so gut in der Hand, dass ich mir beim Fahren nicht mehr allzuviele Gedanken über seine Technik machen muss. Dafür konnte ich erneut einige Erkenntnisse über den Automobilbau der Vorkriegszeit gewinnen.

Je älter ein Auto ist, umso eher gewinne ich den Eindruck, es sei eigentlich für die Ewigkeit gebaut. Diese Erfahrung mache ich regelmässig beim Betrachten richtig alter Autos. Einerseits ist fast alles so gebaut, dass es wieder repariert werden kann, sollte es zu Bruch gehen. In den meisten Fällen sogar ohne Beizug eines Spezialisten. Andererseits ist vieles so gebaut, dass es von vornherein gar nicht erst kaputtgeht. Diese Haltung zeigt sich auch in der liebevollen Ausführung läppischer Details wie Schmiernippel und Schraubenköpfe. Selber eine Art Mechaniker, verstand ich diesen Aufwand als sichtbares Zeichen dafür, dass diejenigen, die so etwas herstellten, bei der Produktion nicht an ein baldiges Lebensende ihres Produktes glaubten.

Nun bin ich wiedermal über ein interessantes Buch zum Thema Automobiltechnik gestolpert. Das Buch hat die Autos der Dreissigerjahre zum Thema, und in der Einleitung wird auf eine originelle Form des Fortschritts hingewiesen. Die grosse Erfindung der Dreissiger sei die begrenzte Lebensdauer eines Produktes, steht dort geschrieben. Zum Teil soll die geplante Lebensdauer von Autos schon damals sechs Jahre nicht überstiegen haben.

Halten wir uns hingegen die Neuerungen der Zwanzigerjahre vor Augen: Standardisierung der Bauteile und Serienfabrikation. Bei genauer Betrachtung stehen beide Neuerungen in erster Linie vor einem wirtschaftlichen Hintergrund, die Autos selber wurden dadurch nicht wirklich besser. Die Standardisierung von Bauteilen wurde einerseits notwendig, weil die Verbreitung der Automobile mittlerweile weit über die Region des jeweiligen Herstellers hinausging, andererseits weil steigende Motorleistungen ihren Tribut am Material forderten. Die Standardisierung der Bauteile war sowohl Voraussetzung als auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht Herausforderung zur Serienfabrikation möglichst vieler kompletter Fahrzeuge. Dies ermöglichte erst die Produktion rentabler Stückzahlen von Einzelteilen, was wiederum zu billigeren Autos führte. Je billiger aber die Autos waren, umso mehr konnten verkauft werden, und umso lukrativer war wiederum deren Herstellung. An sich ganz einfach.

Die Dreissigerjahre begannen mit der Weltwirtschaftskrise, der damals etliche kleine Autohersteller zum Opfer fielen. Nun konnte der Kuchen unter einem kleineren Kreis meist grösserer Hersteller aufgeteilt werden. Und die damalige Autoindustrie begann eine Denkweise, die sie bis heute nicht mehr loswurde.

Möglicherweise spielten bei dieser Entwicklung noch andere Faktoren eine Rolle. Die Zwanzigerjahre waren eine recht modebewusste Zeit. So wechselten die Modefarben damals abrupter als unsere Generation das je erleben konnte. Der Fünfer, den heutzutage jedermann vorwiegend in gelb kennt, wurde nur die ersten zwei Jahre in dieser Farbe ausgeliefert, ab 1924 herrschten dann dunkle Töne vor. Die Modeströmungen lassen sich auch sehr gut an der Form der Kotflügel beobachten. In den frühen Zwanzigern herrschten noch flache Kotflügel vor, die ihre Verwandtschaft zu Kutschen kaum ableugnen konnten. Kurz danach kamen rund gewölbte Bleche zum Einsatz und liessen die flachen Kotflügel in den Augen der damaligen Zeitgenossen schnell alt aussehen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es dann weniger, wenn die Konstrukteure auch diesem Detail Rechnung trugen und aufhörten, für die Ewigkeit zu bauen. Allerdings darf man dabei nicht ausser Acht lassen, dass es schon damals eine grosse Anzahl renitenter "Weiterverwender" gab, ähnlich uns heutigen Entenfahrern, die neuerer Technik ebenfalls etwas kritisch gegenüberstehen. Einer davon hat meinem Fünfer ein recht langes Leben ermöglicht, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Und wie es aussieht, hat er die Fahrkultur der Zwanzigerjahre bis 1983 durchgehalten, denn bis dahin war mein Fünfer im regenfreien Alltagseinsatz. Übrigens gab es auch damals schon eine Zubehörindustrie, die sich auf die Fahrer solcher veralteter Autos konzentrierte. Beleg dafür sind u.a. die an anderer Stelle bereits erwähnten Werbungen für Nachrüst-Vorderbremsen zum Fünfer. Diese renitenten "Weiterverwender" scheinen übrigens nicht wenige gewesen zu sein, 1960 waren in Frankreich noch rund fünftausend 5HP unterwegs....

Abgesehen davon brachten die Dreissigerjahre dann eine allmähliche Steigerung der Motorleistung, eine Verbesserung der Fahrwerke und Bremsanlagen - die Einführung der Vorderbremsen ging Hand in Hand mit der Verbesserung der Strassenbelagsqualität - und schliesslich den Übergang zu wetterfesten Karrosserieformen.

Dieses Detail ist besonders interessant, lässt es doch Rückschlüsse auf die Anwendung von Autos in den Zwanzigern zu. Ganz offensichtlich sind die wenigsten Autos der Zwanzigerjahre wetterfest, selbst wenn Behelfslösungen wie Steckscheiben einem so etwas vorgaukeln möchten. Geschlossene Karrosserien waren damals noch recht selten, es herrschten die offenen Tourenwagen vor. Ich vermute daher, dass Autos damals vorwiegend bei trockenem Wetter bewegt wurden, man tat zumindest gut daran, Fahren bei Regen zu vermeiden. Beispielsweise sei hier die meist horizontal geteilte Windschutzscheibe genannt, die nach eigenen Erfahrungen eine erstklassige Fahrerbefeuchtungsanlage abgibt. Oder dass damals viele Autos serienmässig über gar keinen Scheibenwischer verfügten... Alles eindeutige Anzeichen dafür, dass Autos damals weder gewinnbringend arbeiten mussten, noch als Alltagsgegenstand in unser Leben eingebettet waren.

So komme ich zum traurigen Schluss, dass meine Lieblingsmaschinen schon in den Dreissigerjahren den Sprung zum reinen Wirtschaftsfaktor machten.

Das wiederum deckt sich mit meiner Entdeckung, dass in mechanischer Hinsicht seit damals nicht mehr viel grundlegend Neues entwickelt wurde. Die ersten erfolgreichen Vierventiler rannten schon vor dem ersten Weltkrieg, der Fünfer konnte schon aufgeladen werden, Königswellenmotoren gab es 1926 sogar schon in französischen Motorrädern, etc. etc.... Oblag es damals noch dem Fahrer, mit viel Gefühl für die Maschine selbige nicht zu überfordern, wurden diese Techniken dann im Lauf der Zeit soweit perfektioniert, dass man heute mit gutem Gewissen sagen darf, dass selbst ein 400PS-Geländewagen mit Turboaufladung absolut omasicher ist.

Nun hat dieses Image der modernen Autos ja möglicherweise eine immense Anziehungskraft auf die meisten meiner Artgenossen, aber ich scheine unter einem seltsamen Defekt zu leiden. Mir macht es enormen Spass, der Welt von Zeit zu Zeit eine lange Nase zu drehen. Dazu eignen sich aus irgendeinem unerfindlichen Grund besonders die kleinen Citroens, sei es nun ein 5HP oder ein 2CV...

wohlgemute Grüsse aus dem momentan nassen Süden

Oliver

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Hi Oliver,

ich finde Deine *Schreibe* einfach erfrischend und es ausserdem bewundernswert, dass jemand einen 5HP im Alltagseinsatz bewegt...klasse.

Ich freue mich jedesmal wieder, wenn Du etwas neues zum Besten gibst, das wollte ich nur mal loswerden.

Gruss

Thomas

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Sehe ich nicht so. Das ist zwar eigentlich keine Erfahrungsaustauschplattform in der Unterrubrik, wird aber in fast jeder Rubrik so gehandhabt. Stört mich nicht.

Hier finden sich schneller die Interessierten zum Thema. Im Club-Talk wird halt auch sehr viel geschwafelt und politisiert.

Ehrwürden Oliver,

falls Du irgendwann mal nicht mehr zum 5er schreiben willst sollte man das Ganze wirklich zusammenfassen. Wie auch schon andere sagten, ich finde es wirklich sehr lesenswert, obwohl ich mir viele Details auch nur wie aus einem alten Lehrbuch vorstellen kann.

Auf jeden Fall sehr lesenswert!

Gruß, gasmann

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  • 4 Wochen später...

Nach einem schwäbisch bedingten Sommerloch kann ich mich wieder etwas dem Schreiben vom Fahren widmen. Zur Hebung meines Selbstwertgefühls verwende ich, wie Abertausende auch, einen Mercedes. Ist zwar nur ein relativ lausiger, aber immerhin darf ich mich damit auch mal in der Klasse der Bonzenschlitten bewegen. Und darum heisst mein 180er von 1953 auch ganz offiziell Bonzenschlitten, und der hat jetzt wieder sechs Jahre Zulassung gekriegt.

Aber schnell zurück zu den lausigen Citroens, bevor der Vorwurf der Fremdfahrzeugliebe erhoben wird.

Ich bin mittlerweile etwas wagemutiger mit dem Fünfer und versuche, damit einigermassen gnadenlos in der Gegend herumzuheizen. Das Problem des Herumhüpfens bleibt zwar nach wie vor bedrohlich, aber mittlerweile kenne ich wieder jede Bodenwelle im Umkreis von zwanzig Kilometern und kann mich darauf einstellen. Bei "schneller" Fahrt empfiehlt es sich, das Lenkrad einigermassen locker zu halten, auch wenn man es keineswegs auch nur für eine Sekunde aus den Händen lassen sollte. Die Zeiten des verkrampften Korrigierens sind vorbei.

Ich staune regelmässig über die Zuverlässigkeit des Fünfers. Ich hatte noch nie ein Auto, das dermassen schnell und sicher anspringt, auch nach längerer Pause. Wenn ich da an ausgetrocknete Entenvergaser denke... Da der Benzintank sozusagen im Armaturenbrett verbaut ist, ist keine Benzinpumpe nötig, der Vergaser sitzt weiter unten. Der Tankeinfüllstutzen ist mittig vor der Windschutzscheibe angebracht, was die angenehme Folge hat, dass man an der Tankstelle nie auf der falschen Seite steht. Ausserdem ist der Tank so im Falle einer Kollision recht gut geschützt. Bei den heutigen Benzinpreisen ist das durchaus wieder eine Überlegung wert.

Herumheizen führt zu heissen Motoren. Diese wiederum führen zu heissem Kühlwasser. Dieses neigt dann dazu, aussen über den Kühler zu siffen. Da der Kühler in solchen Momenten recht warm ist, brennt sich das Kühlwasser dann richtig auf der Kühlermaske ein. Das Resultat war dann üblicherweise ein polierender Fahrer. Bei verchromten Kühlern ist dies kein Problem, der Chrom ist hart genug um auch jahrelanger Behandlung mit Stahlwatte zu widerstehen. Leider war Chrom in den Zwanzigern aber noch nicht verfügbar, und so musste man damit leben, dass nach einiger Zeit Messing unterm Nickel durchschien. Manche liessen ihre Kühlermasken dann wieder neu vernickeln, oder in späteren Jahren verchromen, so wie das bei meinem 1955 geschah. Pragmatischere Liebhaber alten Eisens schrubbelten dann einfach gleich den ganzen Nickel runter und polierten fortan Messing. So entstanden auch viele Jahre nach Ende der sog. Messingära noch laufend messingblinkende Oldtimer.

Ein anderes, wesentliches Bauteil sind die Schmiernippel. Schmiernippel umgibt ein Hauch der Magie. Möglicherweise liegt das am leicht erotischen Charakter des Wortes, jedenfalls ist mir aufgefallen, dass Männeraugen bei Erwähnung des Wortes Schmiernippel aufblitzen. Der Fünfer besitzt davon schon recht viele, im Vergleich zu einem Auto der Fünfziger sind sie aber nicht wirklich zahlreich. Aber die Mädels der Fünfziger waren ja auch fülliger als das Ideal der Zwanziger. Dies könnte eine ähnliche Parallele sein wie die Verbindung zwischen Klimaerwärmung und Rückgang des Piratenberufs, wie die Kirche des FSM dies propagiert... Je fülliger die Mädels, umso mehr Schmiernippel - klingt jedenfalls nicht minder absurd. Die Schmiernippel der Zwanzigerjahre machten allerdings noch etwas her, sie waren gross und verlangten nach einem besonderen Schuh auf der Fettpresse, Marke Tecalemit. Durch ihre Grösse waren sie leicht auffindbar, ihr grosser, flacher Kopf führte trotz der schon damals üblichen Bezeichnung noch zu keinem schrägen Lachen. Dieses wurde erst durch die Einführung des Kugelkopfschmiernippels möglich. Dieser bietet im Sinne des technischen Fortschritts zudem die Möglichkeit, bei leicht schräg angesetztem Kopf das ganze Fett daneben rauszusauen, was bei den alten T-Nippeln nicht der Fall war.

Netterweise hatte sich die originale Fettpresse meines Fünfers so gut in den Tiefen seines Kofferraumes versteckt, dass sie auch heute noch dort vorhanden ist. Auch sind die Platzverhältnisse unter dem Auto von der Art, die eine Hebebühne fast überflüssig machen. So macht das Schmierritual Spass, kein Vergleich zum üblichen Ausatmen bevor man unter die Hinterachse rutscht.

In letzter Zeit fahre ich öfters abends herum, also zu einer Zeit, wo auch viele hormongeplagte Jungfahrer unterwegs sind. Denen bin ich mit meinen brachialen 11PS natürlich ein Dorn im Auge, besonders wenn ich ihnen gerade mal wieder vor die Nase gefahren bin. So kommt es öfters zu recht originellen Szenen, die aber fast immer in einem Gelächter enden. Und selbst wenn sich mal ein besonders verständnisloser Zeitgenosse über mich ärgert...lieber so als umgekehrt.

Seit ich vorwiegend alte Schwarten fahre, habe ich kaum je Probleme mit Parkbussen. In ganz besonderem Mass gilt dies für den Fünfer. Irgendwie weigern sich selbst Politessen, das Ding ernstzunehmen, und so kann man damit sogar parkieren "wie damals".

Wenn ich die ganze Geschichte mal vom kaufmännischen Standpunkt betrachte und dabei ein grosses Auge zudrücke was die Wetterfestigkeit des Fahrzeugs betrifft, so fahre ich eigentlich recht kostengünstig herum. Der Ankaufspreis bewegte sich in der Höhe eines abgenudelten Berlingos, der Benzinverbrauch liegt bei ca. sieben Litern bei meiner Fahrweise. Als Öl verwende ich SAE30er Premium, davon habe ich ein Fass, das heute als sog. Kompressorenöl verkauft wird. Einzige benötigte Ersatzteile waren zwei Hardyscheiben, eine für die Kardanwelle, eine für den Zündmagneten. Beide waren noch original, aber der Gummi war hart geworden und die Hardyscheibe der Kardanwelle bestand praktisch nur noch aus Leinwand und lief unrund, was man allerdings unter 40km/h nicht bemerkte. Die Kosten für beide zusammen lagen bei etwa 70 Euro. Seither bin ich gegen 3000km gefahren und freue mich schon auf die nächsten mit der urtümlichen Fahrmaschine.

Soviel ausm südlichen Sommerloch

Oliver

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...In letzter Zeit fahre ich öfters abends herum, also zu einer Zeit, wo auch viele hormongeplagte Jungfahrer unterwegs sind. Denen bin ich mit meinen brachialen 11PS natürlich ein Dorn im Auge, besonders wenn ich ihnen gerade mal wieder vor die Nase gefahren bin. So kommt es öfters zu recht originellen Szenen, die aber fast immer in einem Gelächter enden. Und selbst wenn sich mal ein besonders verständnisloser Zeitgenosse über mich ärgert...lieber so als umgekehrt....

da empfehle ich ein hinweisschild am heck a la "stau ist nur hinten scheisse, vorne isses gemütlich" ;-)

großartiger bericht, danke!

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Was bringt einen anderweitig halbwegs vernünftigen Menschen eigentlich dazu, sich ausgerechnet in Alteisen zu verlieben ?

Da ich gerne alles, inklusive meiner selbst, hinterfrage, ist mir dieser Gedanke nicht unbekannt. Mögliche Antworten darauf gibt es gleich mehrere, deren Zusammenspiel es erst ausmacht.

Ganz sicher hat die frühkindliche Prägung viel damit zu tun. Wie alle Rotznasen hatte ich damals auch meine gesammelten Matchboxautos. Ich erinnere mich noch recht gut an die Momente in unserer örtlichen Papeterie, als ich mir wiedermal ein Auto vom Ständer aussuchen durfte. Damals gab es eine Serie "Models of yesteryears", das waren Modelle von Oldtimern der Frühzeit des Automobilismus. Diese waren teilweise recht filigran, mit Speichenrädern und klitzekleinen messingfarbenen Beschlägen. Beim Spiel im Sandkasten wurden diese Anbauteile dann recht schnell wegerodiert, was aber dem Spass keinen Abbruch tat. Meine unerklärliche Vorliebe hatte dann auch den Vorteil, dass ich meine Autos sehr leicht wiedererkennen konnte, denn meine damaligen Spielkameraden bevorzugten modernere Modelle. Damit ist zwar immer noch nicht erklärt, woher diese Vorliebe kommt, aber immerhin ist damit die erste Ausbaustufe meiner "Krankheit" erzählt.

Möglicherweise liegt die Ursache früher in meiner Kindheit, in einer Phase, an die ich mich nur noch schleierhaft erinnern kann. Als recht kleiner Junge durfte ich mal in Portugal in einem - wie mir später berichtet wurde reichlich wunderbaren - Oldtimer mitfahren. Damals war das noch kein Oldtimer, sondern ein sehr gut gepflegtes Auto der dreissiger Jahre, wie es sie zu jener Zeit noch vereinzelt in Garagen diskreter Fabrikantenvillen gab. Geblieben sind mir von diesen Fahrten nur noch Erinnerungsfetzen. Diese haben aber eine Leuchtkraft, die ihre Fadenscheinigkeit bei Weitem übertrifft.

Dann wäre da ja noch mein Elternhaus, in dem sich eine kleine, aber feine mechanische Werkstatt verbirgt. Normalerweise bauen wir dort ja Industriemaschinchen, aber als Umfeld für einen technikverliebten Jungen ist das schon nahe an der Grenze zur Überdosis. Damals gab es auch noch etliche höchst interessante Schrottplätze in der näheren Umgebung, so mangelte es mir nie an Rohmaterial für meine Basteleien. Wobei ich gestehe, dass meine damaligen Bemühungen weitaus häufiger im Zerlegen als im Zusammenbauen von mechanischen Gegenständen gipfelten.

Vielleicht war es aber auch der Knick in meiner Biografie, der durch die Scheidung meiner Eltern und kurz darauf einige Nierenoperationen erfolgte, und der mich schliesslich in eine Art technischer Opposition trieb. Damals lebten wir unter den Nachwehen der 68er, die naive Unschuld der Hippiezeit war durch Begriffe wie Radikalenerlass oder Tränengas ersetzt worden. In den frühen Achtzigern waren wir tief im Innern immer noch revolutionär gestimmt, den naiven Glauben unserer Vorgänger, dass die Welt sich durch uns verändern liesse, hatten wir aber im Zuge verschiedener Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit verloren.

Damals genoss ich ein relativ unbeschwertes Studentenleben, auch wenn ich das sicher nicht so ausgedrückt hätte. 1982 war es dann auch soweit, dass ich mir mein Auto kaufte, einen damals reichlich abgemorchelten, alten Mehari. Möglicherweise wurden meine separatistischen Tendenzen dann auch noch durch die Entenszene angeheizt, ich erinnere mich jedenfalls noch recht gut an einen gut abgeblockten Versuch, mit dem Mehari an ein Ententreffen zu fahren. Gerne tu ichs allerdings nicht.

Noch zählte ich mich aber nicht zu den wirklichen Schraubern. Dazu war mein Leben damals viel zu turbulent, zudem mangelte es mir an Platz, Werkzeug und Kenntnissen. Als Praktikant des Umweltschutzamtes der Stadt Luzern ritt ich dann zuerstmal auf der grünen Welle mit, was mir zu einer netten Sammlung antiker Fahrräder und profunden Kenntnissen über die Technik des wohl vernünftigsten Fahrzeugs überhaupt verhielf. Gegen Ende meines Praktikums begann dann eine Art vernunftbedingter Opposition in mir zu wüten, und ich begann an einem alten Sachsmofa herumzuschrauben. Den eigenartigen Humor scheine ich schon damals besessen zu haben, jedenfalls gingen alle meine Bemühungen in Richtung verstärkter Rauchentwicklung. Mit 5% Öl im Benzin klappte dies dann auch hervorragend.

Natürlich war ich nicht der einzige, der sich in diesen Jahren weiterentwickelt hatte. In der gleichen Zeit verdoppelte der VW Golf sowohl Gewicht als auch Leistung, Themen wie PISA gewannen an Aktualität und der Werbeanteil im Fernsehen wurde immer mehr. Die immer perfideren Methoden der Beeinflussung wurden aber durch die Erkenntnis wettgemacht, dass die einzige wirklich treibende Kraft auf diesem Planeten die Dummheit ist.

Und so hat Eines zum Anderen geführt und ich wurde zu dem, der ich heute bin. Ich geniesse es heute mehr denn je, der Welt der freien Marktwirtschaft eine Nase zu drehen. Und wie könnte man das in einer technischen und ungemein fortschrittsorientierten Gesellschaft besser als unter täglicher Verwendung eines eindeutigen Anachronismus ?

zeitlose Grüsse

Oliver

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herrlich. ich habe schon wieder den ganzen thread von vorne weg durchgelesen, einfach weil das alles so stimmig, unterhaltend und spannend beschrieben wird. wie wäre es denn wirklich mal mit nem buch zu all dem aus deiner feder?

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Ganz herzlichen Dank erstmal für die positiven Rückmeldungen. Die Idee, ein Buch zu machen, klingt ja ganz reizvoll, und so ganz nebenbei fotografiere ich auch ganz gerne. Aber im Internet kann ich frei von der Leber labern, bei einem Projekt wie einem Buch würde ich mich nur verstricken. Ausserdem kosten Bücher Geld, erstmal den Autor und dann den Leser. Vor allem letzteres hat mich selber schon vom Konsum etlicher guter Bücher abgehalten. Glücklicherweise lese ich meistens alte Handbücher für Mechaniker und Techniker. Die finden sich meistens in der Schmuddelecke im Antiquariat. Ansonsten beziehe ich meinen Lesestoff ja auch gerne gratis im Internet, womit ich hier wohl nicht ganz alleine stehe...

So richtig ernsthaft im Sinne von herzzerreissenden mechanischen Tragödien kann ich im Moment nichts berichten. Im Moment funktioniert der Fünfer einfach und lässt nicht einmal einen Ausblick auf kommende, sich aufdrängende Arbeiten zu. Waschen könnte ich ihn einmal, das habe ich bisher noch nie gemacht. Es ist eine Eigenart meiner alten Schwarten, dass sie von unten meistens sauberer sind als von oben. Aber irgendwie ist mir der Gedanke ans Waschen nicht ganz geheuer, da ein sauberes Auto ja bekanntlich ein eindeutiges Zeichen für einen schmutzigen Charakter sein soll. Dieser Spruch ist übrigens etwa so alt wie mein Fünfer.

Gestern war recht wechselhaftes Wetter und ich habe eine gute Stunde hinterm Küchenfenster gewartet, bis der Regen mal für etwas länger aufhörte. Die Situation dürfte jedem aktiven Motorradfahrer bekannt sein, statt dem Küchenfenster darf es auch ein Scheunendach oder eine Brücke sein. Und so wurde mir plötzlich klar, wie die Fahrer derartiger Autos damals mit dem Wetter umgingen.

Als Meharifahrer war mir der Wert eines schattigen Daches über dem Kopf schon lange bekannt. Nicht bewusst war mir jedoch, dass die Stoffdächer der frühen Autos genau diesen Zweck verfolgten. Erst nachdem ich weitere Details wie die horizontal geteilte Windschutzscheibe aus eigener Anschauung kennenlernte, wurde mir langsam klar, dass diese Autos nicht für Schlechtwetterfahrten konstruiert wurden. Der Vorbesitzer meines Fünfers wusste das anscheinend noch, denn er liess das Verdeck aus einem schweren, aber nicht wasserdichten Leinenstoff anfertigen.

Je länger ich darüber nachdenke, umso absurder halte ich jegliche Diskussion über Originalität bei alten Autos. Wenn es um Museen geht sieht die Sache etwas anders aus, aber selbst dort sehe ich lieber ein altes Auto mit sichtbaren Zeichen der Zeit als einen optischen Neuwagen aus vergangenen Tagen.

Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich meine Augen schon seit vielen Jahren aufs Aufspüren kleinster Spuren der Lebensgeschichte meiner Vehikel trainiert habe. Jeder ungeschickte Mechaniker hinterlässt Spuren seines Wirkens. An diesen Spuren lässt sich recht viel ablesen. Angefangen damit, welches Bauteil überhaupt repariert werden musste, weiter mit der Frage nach dem Warum. Gerade hier erlebt man originelle Überraschungen, denn oft findet man gerade an Bauteilen, die eigentlich keinerlei Wartung bedürfen, die originellsten Werkzeugspuren. Und diese wiederum lassen gewisse Rückschlüsse zu. Gequetschte Schraubenköpfe und Muttern, fehlende oder falsche Unterlagscheiben, geriffelte Zangenabdrücke und dergleichen mehr erzählen Bände aus dem Leben einer Maschine. Viele Spezialwerkzeuge lassen sich unter Hinterlassung eindeutiger Spuren durch brachiale Methoden wie den Einsatz von Hammer und Meissel umgehen. Minimale Unterschiede bei an sich identischen metrischen Gewinden lassen Rückschlüsse darauf zu, ob eine Schraube schon einmal ausgetauscht wurde. Dann lässt der Zustand der jeweiligen Oberflächen weitere Rückschlüsse auf den Unterbringungsort zu. So ist die Geschichte des Autos auf hunderten seiner Teile aufgeschrieben, man muss nur die Geduld aufbringen, sie zu lesen.

Es gibt allerdings auch Spuren, auf die man gerne verzichten würde. So hat bei meinem Fünfer irgendein unbedarfter Mensch die Haube unvorsichtig geöffnet und dabei eine Beule auf dem Kotflügel hinterlassen.

Aber jetzt bin ich gerade dran, meinen Beitrag zu seiner Geschichte zu leisten. Wobei mir abschliessend für heute noch einfällt, dass ich öfters mal gefragt werde, ob das mein Auto sei. Meine Antwort drauf ist jeweils, dass die einzelnen Besitzer im Laufe eines so langen Autolebens nicht mehr wirklich relevant sind.

Soviel für heute aus der Wunderwelt der unbelasteten Abgase,

Gruss, Oliver

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Gestern abend habe ich meinen Horizont erweitert. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, lediglich einige Fotos vom Fünfer in seltsamen Situationen zu schiessen, was mir zumindest teilweise gelang. Dann führte mich mein Weg aber durch ein kleines Bauerndorf an einer Spelunke vorbei, die einen ausgesprochen anziehenden, morbiden Charakter hat. Das mag daran liegen, dass der Kühlschrank der einzige Einrichtungsgegenstand aus der Nachkriegszeit ist, oder dass die Wirtin ein Jahr älter als der Fünfer ist. Das Lokal selber verdankt seinen Charme wohl der philosophischen Erkenntnis, dass die konsumierten Getränke weitaus mehr zum Wohlbefinden beitragen als das modischste Ambiente. In gewissem Sinn besteht sogar eine Parallele zwischen der Spelunke und dem Fünfer: beide sind auf ausreichendem technischem Niveau stehengeblieben.

Logischerweise konnte ich mich der Anziehungskraft dieses magischen Ortes nicht entziehen, und so sass ich gleich auf einem Gartenstuhl, der den Eindruck erweckte, er sei das letzte Mal vor Napoleons Besuch frisch lackiert worden. Das angenehme an den wenigen Lokalen dieser Art ist, dass man ungefragt ein Bier vorgesetzt bekommt. Aber darauf komme ich gleich nochmal.

Zuvor möchte ich aber noch von einem kleinen, aber wunderschönen Gesprächsfetzen berichten. Das Fahren mit so einem alten Auto sorgt ja immer für interessanten Gesprächsstoff, und so erzählte die Wirtin von ihrem Vater, einem strammen 1881er. Dieser sei in seiner Jugend laut schreiend heimgerannt, er hatte eine Chaise ohne Pferde gesehen !

Solche direkten Zeugnisse sind heutzutage so selten wie schön. Mir sagen sie mehr als es die beste Flasche Chateau Lafite je könnte.

Nun aber zurück zum Thema Bier. Normalerweise trinke ich keinen Alkohol, ich habe während meiner Arbeitszeit schon genug Lösungsmittel um mich herum. Bei einem solchen Lokal führt aber kaum ein Weg an einem kühlen Bier vorbei, wenn man sich nicht lächerlich machen will. So inhalierte ich also fröhlich ein durchaus angenehmes Bier, lauschte ergriffen den Erzählungen der Wirtin und tat meinen Teil dazu, den Abend mit absurden Feststellungen zu würzen, was ja eine der Hauptbeschäftigungen der Gäste solcher Eckpunkte unserer Kultur ist.

Als eher schwächlicher Biertrinker hinterlässt selbst die homöopathische Menge von einem Bier einen gewissen Eindruck in meinem Nervensystem. Gerade genug, um zu wissen, was mich bei mehreren Bieren erwarten würde, aber noch nicht soviel, dass ich die Vernunft ausser Acht lasse.

Und so gestaltete sich die Heimfahrt wiedermal recht lehrreich. Mein Weg führte mich wiedermal über etliche seltsame Strassen, wobei ich mir in Gedanken immer ausmalte, wozu ein Fahrfehler in der jeweiligen Situation führen würde. Hauptursache meiner Bedenken ist nach wie vor die unheimlich direkte Lenkung, bei der selbst ein minimes Drehen des Lenkrades gleich einen heftigen Schlenker zur Folge hat, sofort und ohne jegliche Toleranz. Mittlerweile habe ich mich zwar so leidlich daran gewöhnt, die Umstellung fiel aber schwerer als bei den vertauschten Pedalen.

Als der Fünfer gebaut wurde, gab es das Wort Promillegrenze noch nicht. Im Prinzip stand es jedem frei, sich ungehemmt die Lampe zu füllen und dann fröhlich heimzufahren. Meine Erfahrungen aus dem Alltag zeigen nun aber, dass es kaum möglich ist, so ein Auto unter Alkoholeinfluss zu lenken. Vielleicht würde es ja mit etwas Übung klappen, aber das erspare ich mir lieber. Trotzdem habe ich mir bei der Heimfahrt über die üblichen Schleichwege und Holperstrassen so einige Gedanken zum Thema Sicherheit gemacht.

In der Fahrschule wurde uns eingetrichtert, immer darauf gefasst zu sein, dass ein Kind plötzlich auf die Strasse rennen könnte. Diese Situation dürfte heute seltener der Fall sein als in den Zwanzigern, wo man die Anzahl vorbeigefahrener Autos abends an einer Hand abzählen konnte. Wenn man sich zudem bewusst macht, dass dem Thema Sicherheit beim Fünfer werksseitig nicht einmal soviel Beachtung gewidmet wurde, um das Auto mit Stosstangen auszurüsten, dann das Augenmerk zusätzlich auf den langen Bremsweg richtet, dann wird einem schnell einmal klar, dass die Fahrer damals vorausschauender fahren mussten. Bei der Vorstellung, anstelle eines gleich drei Biere inhaliert zu haben, wurde mir beim Fahren recht mulmig. Auch wenn die Fahrweise von fern gesehen wie besoffen wirken mag, und die lausigen elf Pferdestärken einer ungehemmten Raserei irgendwie im Wege stehen - der Fünfer verzeiht weder Leichtsinn noch Unaufmerksamkeit. Dazu kommt noch die Entenfahrern längst bekannte Erkenntnis, dass es nicht vieler Pferdestärken bedarf, um im falschen Moment ordentlich zu schnell zu sein.

Meine Haupterkenntnis ist diesmal, dass das Autofahren in den Zwanzigern wohl noch eine relativ ruhige, ernsthafte Angelegenheit war. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Anschaffungspreis selbst für so eine Gurke wie den 5HP irgendwo zwischen drei und fünf Jahresgehältern lag. So wundert es mich eigentlich nicht, dass die Autos jener Epoche von ihren Besitzern meist recht sorgfältig behandelt wurden. Die Ära der schweren Unfälle sollte ja erst in den sechziger Jahren wirklich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit vordringen, als sowohl Motorleistung als auch Erschwinglichkeit stiegen und zornige, junge Männer gleich reihenweise an irgendwelchen Hindernissen zerschellten. Das allseits bekannte Resultat jener Zeit war die Einführung der Geschwindigkeitsbeschränkungen und die ersten, zögerlich eingeführten Promillegrenzen.

Nun, die Versuchung, blau zu fahren, hält sich beim Fünfer in ungeahnt engen Grenzen. Zeitgenössische Unfallfotos zeigen übrigens, dass das auch viel besser so ist. Die allermeisten Bilder zeugen zwar von recht niedrigen Geschwindigkeiten, aber dazwischen sieht man auch mal wieder, was von einem Fünfer übrigbleibt, der in vollem Galopp von der Strecke abkommt. Da fällt mir doch gleich der Werbeslogan von Citroen ein: Nichts zerlegt sich wie ein Citroen !

mit nüchternen Grüssen

Oliver

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Ich habe den Fünfer immer noch nicht gewaschen.

Nachdem diese Räubergeschichte von einem harmlosen Spinner und seinem Auto weitere Kreise zu ziehen beginnt, möchte ich auch mal einige Worte zu meiner Motivation, dies alles niederzuschreiben, anbringen. Mein Dilemma ist, dass ich für meinen Autogeschmack mindestens zwanzig Jahre zu jung bin. Die allermeisten Besitzer von solchen Autos würden rein von der Haarfarbe her schon bestens in einen Porsche passen.

Nun passe ich aber dummerweise absolut nicht in das Weltbild dieser Generation. Wahrscheinlich wäre es hilfreich, wenn ich ab und zu auch mal etwas ernstnehmen würde, aber dies wäre, bei allem guten Willen meinerseits, in philosophischer Hinsicht ein tragischer Rückschritt.

Und so kommt es, dass ich meine Kreise vorwiegend alleine ziehe. Selten höre ich gerüchteweise von anderen Piloten von Vorkriegsgeschossen, die ab und zu mal gesichtet werden. Persönlich bin ich aber fast nur Sonntagsfahrern begegnet, wobei dieses Wort diesmal nicht abwertend gemeint ist.

Ich fahre aber lieber am Montag.

Als Entenfahrer - auch kein alltäglicher Zeitvertreib mehr, wie das aktuelle Strassenbild beweist - habe ich das Glück, über das Medium Internet Kontakt zu vielen gutgelaunten Entenfahrern gefunden zu haben. Mehr noch, ich denke dass gerade die Art umkomplizierter und offener Kollegialität wie wir sie in unserem Entenforum pflegen, die jederzeit verfügbare Hilfe bei technischen Problemen und das mitunter recht turbulente Entenleben viel dazu beitragen, unsere Szene lebendig zu halten und sogar Nachwuchs zu motivieren. Ob sich sowas auch bei Vorkriegsautos machen liesse steht auf einem anderen Blatt. Zumindest hier wird die Oldtimerszene von einigen wenigen, finanzkräftigen Berufsgruppen dominiert. Und meine Grossmutter hatte mich genau vor denen immer gewarnt.

Wenn mein Geschreibsel auch viel Selbstdarstellung enthält, so ist diese keineswegs das Ziel meiner Schreiberei. So gesehen bin ich auch recht froh, dass die Hauptrolle meiner Texte einem alten Auto gehört, und ich eher als Statist fungiere. Aber auf der Suche nach Gleichgesinnten wurde ich im Internet nicht wirklich fündig, vielleicht war ich auch einfach zu dumm dazu. (Und so entstand diese Geschichte ja möglicherweise aus purer Dummheit...)

Was aber nichts an meinen Hoffnungen ändert, ähnlich gelagerte Fälle kennenzulernen oder gar einen kleinen Stein ins Rollen gebracht zu haben.

Um dem Fünfer selber aber auch noch etwas Platz einzuräumen berichte ich noch kurz von dieser kurzen Woche. Ich habe mittlerweile keine ernsthaften Probleme mehr mit der Lenkung, die Eingewöhnungsphase hat halt recht lang gedauert. Das wäre sicher nicht so gewesen, wenn ich nicht zeitlebens von modernen Lenkungen verwöhnt worden wäre.

Viel bin ich nicht zum Fahren gekommen, nur so kleinere Alltagsfahrten wie zum Einkaufen und auf die Post. Noch bin ich mir beim Fahren der Andersartigkeit meines Autos einigermassen bewusst, aber ich denke, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis ich mich sosehr daran gewöhnt habe, dass das Fahren mit einem 83-jährigen Auto für mich die normalste Sache der Welt sein wird.

Ein Grossteil der Motivation, dies zu tun, kommt aus meinem Sinn für Schönheit. Ich empfinde Autos der Vorkriegszeit als viel schöner als deren Nachfahren. Ihre Formen scheinen mir irgendwie mehr mit der jeweiligen Funktion verbunden als dies bei späteren Autos der Fall ist. Es war halt die Zeit, als eine Motorhaube noch eine richtige Motorhaube war, und nichts mehr. In jener Zeit wurde heiss diskutiert, ob langgezogene, in die Trittbretter übergehende Kotflügel schöner sind als solche, die der Form des Rades folgten.

Und so wie der geschwindigkeitsverliebte Sportwagenfahrer etliche Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen muss, tue ich dies der Schönheit des Fahrzeugs zuliebe.

Wobei eine der lästigeren darin begründet liegt, dass der Fünfer ein Eintürer ist. Die Türe befindet sich auf der Beifahrerseite, dies nicht aus Sicherheitsgründen - siehe fehlende Stosstangen - sondern weil auf der Fahrerseite das Reserverad befestigt ist. Was ja im Pannenfall auch alles andere als sicher für den Radwechsler wäre.

Das Problem bei einem Eintürer dieser Bauart ist recht einfach. Wenn man etwas Geraffel mitnehmen möchte, freut man sich zwar über einen recht grossen Kofferraum und einige kleinere Staufächer. Aber leider ist der Kofferraumdeckel ungefähr so gross wie ein Klodeckel, zudem ähnlich geformt. Auf selbigem befindet sich allerdings eine gutgemeinte Gepäckbrücke für einen Koffer der Grösse 40x80cm, gemäss Gebrauchsanweisung des Fahrzeugs. Aber wenn man diese benützt, hat dies zwei Nachteile: Erstens kann der Kofferraumdeckel dann nicht geöffnet werden, und infolge der Kürze des Hecks lässt sich das Dach dann auch nicht mehr richtig herunterklappen.

Also führt man sperrigere Gegenstände ab der Grösse eines Klodeckels meistens im Fahrgastraum mit. Da man nun aber zuerst selber einsteigen muss, gestaltet sich das Mitnehmen von mehreren Gegenständen wie beispielsweise drei Kasten Bier recht kompliziert. Erst reinstellen geht nicht, denn dann hat man selber keinen Platz mehr zum Einsteigen. Leider kann einem dabei auch kein Beifahrer helfen, denn man muss sich zudem zwischen Fracht und einem solchen entscheiden. Für beide reicht der Platz nicht. Aber wenn man sich das genauer überlegt, liegt darin viel Potential für skurrile Situationen.

mit frohem Geknatter

Oliver

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  • 2 Wochen später...

Fotos vom Fünfer in seltsamen Situationen gibt es momentan nur per Mail von mir, ich werde aber irgendwann wohl eine eigene Homepage für ihn basteln. Soviel zum administrativen Teil...

Heute war wiedermal ein recht turbulenter Tag für den Fünfer und mich. Einer von der Sorte, die man nicht mehr vergisst. Aber erst mal der Reihe nach...

Sonntägliche Ausflüge können wider Erwarten recht interessant werden. Die mit Abstand interessantesten sind die, wo man sich mit den Worten: "Ich gehe mal ne Runde drehen..." für eine halbe Stunde verabschiedet und dann fünf Stunden später breit grinsend wieder auftaucht. Dabei ist es natürlich sehr hilfreich, wenn so etwas schon beinahe von einem erwartet wird. Die jahrelange Vorarbeit war also doch zu etwas gut !

Jedenfalls habe ich mich gestern nachmittag auf so einen philosophischen Ausflug begeben. Es gibt da noch einige kleinere weisse Flecken auf meiner privaten Landkarte unserer Gegend. Dabei ist der Fünfer wiedermal von unschätzbarem Vorteil, man kann damit Wege befahren, auf denen man mit einem modernen Fahrzeug sehr verdächtig erscheinen würde. Und unsere Landbevölkerung ist recht misstrauisch...

Befährt man diese Wege hingegen mit einem ausreichend alten Fahrzeug, dann ist man fast überall willkommen. Ich strandete schon nach nicht allzulanger Fahrt bei einer grossen Lehmgrube, wo eine fröhliche Pensionärsrunde den schönen Sonntagnachmittag angemessen feierte. Es fiel mir überhaupt nicht schwer, dem kurzen Heranwinken zu folgen, und schon nach wenigen Minuten sass ich am Tisch und wir laberten über Gott und die Welt. Dabei staunte ich wiedermal über meine eigene Naivität, ich habe die Landbevölkerung immer für eher konservativ eingeschätzt. Zuerst wusste jeder von seinem Nachbarn zu erzählen, und was der für wunderschöne Hanfpflanzen in seinem Garten stehen habe. Noch mehr gegrinst haben sie kurz danach, als sie beiläufig erwähnten, dass sie alle Nachbarn sind.

Beim Abfahren gab es dann ein kurzes Knacken aus dem Anlasser, woraufhin die versammelten Rentner noch in den Genuss einer Vorführung der Handkurbel kamen.

Einige Tage später habe ich mich dann doch aufgerafft und den Anlasser ausgebaut. Das ist mit einem geradzu unheimlichen Aufwand verbunden, man muss zuerst das Kabel lösen und dann die eine Klemmschraube, die den Anlasser im Motorgehäuse festhält.

Meine erste Vermutung ging in Richtung defekter Ausrückfeder, da der Anlasser ohrenscheinlich noch drehte, aber nicht in den Zahnkranz des Schwungrades eingriff. Bei der Demontage wich dann die Enttäuschung über die gar nicht vorhandene Feder der Verblüffung über ein genial einfaches Prinzip. Der Anlasser des Fünfers besitzt auf der Welle ein sehr steiles Gewinde. Darauf sitzt das Ritzel mit einem entsprechenden Innengewinde mit sehr viel Spiel. Bei stillstehendem Anlasser lässt sich das Ritzel so mit einer Drehung von der hintersten bis in die vorderste Stellung der Gewindewelle drehen. Das Ritzel verfügt zudem auf der Anlasserseite über ein exzentrisches Gewicht.

Beim Startvorgang beginnt der Anlasser zu drehen und das Ritzel gleitet infolge der Trägheit des Exzenters nach vorne in seine Endstellung, wo es in den Zahnkranz des Schwungrades eingreift und den Motor dreht. Sobald dieser anspringt, beschleunigt das Schwungrad und wirft das Ritzel wieder zurück in die hintere Endstellung. Dort sorgt das exzentrische Gewicht dafür, dass es auch dort bleibt. Der hintere Anschlag ist ein eingepresster Stift, der sich bei meinem Anlasser verabschiedet hatte. Dadurch konnte das Ritzel ganz aufs Gewindeende zurückgeworfen werden, wo es dann festsass.

Die Reparatur dauerte dank vorhandenem Stift wiedermal eine ganze Vierstelstunde, also wiedermal fast kürzer, als das Geschreibsel darüber beansprucht.

Der Höhepunkt meiner bisherigen Karriere als mutiger Pilot ermüdeten Eisens ergab sich dann aber heute nachmittag. Einer stilvollen Furzidee bzw. Eingebung folgend hatte ich mich auf den Weg nach Luzern gemacht. Gutgelaunt und nichtsahnend holperte ich wiedermal über die Landstrasse, hüpfte fröhlich von der linken in die rechte Spurrille und freute mich meines Lebens, als kurz vor Luzern ein Rudel Fussgänger den Fussgängerstreifen trotz roter Ampel reichlich leichtsinnig überquerte, was meinen Vordermann zu einem reichlich brüsken Bremsmanöver verführte. So tat ich es ihm gleich und schaffte es sogar, die vorderen Räder zum hörbaren Blockieren zu bewegen. Das darauffolgende Herumgeeiere gipfelte in einem trockenen Knall, nach dem ich lenkungstechnisch ins Leere griff. Das darauffolgende Bremsmanöver war sicher filmreif und beanspruchte die gesamte Kreuzung. Am Ende fand ich mich quer stehend mitten auf der Kreuzung, ein erneuter Dreh am plötzlich sehr leichtgängigen Lenkrad zeigte mir, dass nun der Moment fürs Motorabstellen und Aussteigen gegeben war. Also tat ich dies grinsend, griff in die Vorderräder und kurbelte das Auto von Hand vom Platz. Am Strassenrand hatte es netterweise gleich einen Parkplatz, wo ich dann einen ersten Blick von unten ins Gestänge wagte. Das war aber kerngesund, also öffnete ich die Haube. Dort bot sich ein Bild des Schreckens. Das Gehäuse des Lenkgetriebes war schwer beschädigt, einige Teile davon lagen unten in der Auffangwanne. Die Lenksäule hatte sich nach vorne durch das Gehäuse einen Weg ins Freie geschraubt und zu diesem Zweck drei M7er Stehbolzen abgerissen. Das an sich relativ solide Gusseisengehäuse war in mehrere Teile zerbrochen.

Der Fall war an sich recht klar und liess wenig Spielraum für Diskussionen. So zögerte ich nicht und rief die Pannenhilfe.

Nachdem ich mich am Telefon dann einigermassen verständlich gemacht hatte, dauerte es gar nicht lange und einer unserer hiesigen gelben Engel tauchte auf. Ihm war auch nach einer Zehntelsekunde klar, dass der vorliegende Fünfer keinen Meter mehr aus eigener Kraft fahren würde. Und so kam es, dass wir uns beide auf dem Weg machten, er um seinen Transporter zu holen, und ich um das zum Bewegen desselben notwendige Bargeld aus einer Wand zu ziehen.

Während ich noch auf ihn wartete, erlaubte ich mir, einen lieben Kollegen und Fünferspezialisten anzurufen. Ich erreichte ihn dann auch prompt an einem Geburtstagsfest, aber kaum hörte er von einem Problem mit einem Fünfer, wollte er sich unbedingt stören lassen. Und so wusste ich schon vor der Rückkehr des Strassenhelfers, wo ich nächste Woche ein funktionierendes Lenkgetriebe herbekomme.

Wieder daheim setzte ich mich also gleich mit dem Verkäufer in Paris in Verbindung, und siehe da, er hat noch einige andere Teile, die mich sehr interessieren, darunter eine Vorderachse und einen Satz neuer Federn dazu. So steht wohl ein Ausflug ins Haus.

Es ist schon etwas sehr angenehmes, in einem Land mit einem gut organisierten Pannendienst zu leben. Wenn ich das mit Frankreich vergleiche, wo einem im grenznahen Gebiet empfohlen wird, das Auto über die Grenze zu schaffen, weil man da nicht einen Tag lang auf den Pannenhelfer warten muss....

In der Zwischenzeit ist das Glücksgefühl, eine haarsträubende Situation harmlos gemeistert zu haben, wieder etwas zurückgegangen. Aber wenn ich mir so überlege, was für Belastungen und Situationen ich meine Lenkung bisher so ausgesetzt habe, kann ich wirklich von sehr viel Glück reden, dass die Lenkung gerade in dieser relativ harmlosen Situation ihren Geist aufgegeben hat.

Solche Glücksmomente können das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine heftig vertiefen...

Ich habe mich natürlich schnell mal gefragt, warum so ein Lenkgetriebe aus Guss urplötzlich zerbricht. Die Belastungssituation ist beim Bremsen harmloser als beim Brettern über Schotterstrassen, wo etliche Schlaglöcher heftige Schläge auf die Lenkung abgeben.

Schliesslich vermute ich einen Ermüdungsbruch. Das Gehäuse hatte ja einen gut sichtbaren Unfallschaden, war schonmal gerissen und dann professionell mit Nickelelektrode geschweisst worden. Ich hatte der Schweissnaht zu Recht vollstes Vertrauen geschenkt, denn das Gehäuse ist diesmal an anderen Stellen zerrissen. Bei der Einstellung der Lenkung war mir eine gewisse Schwierigkeit aufgefallen, die eindeutig auf einen Verzug des Gehäuses zurückzuführen war, sich aber durch ungleichmässiges Einstellen der entsprechenden Exzenter ausgleichen liess. Wahrscheinlich hatte das Schweissen das Gehäuse sowohl verzogen als auch unter eine starke Spannung gesetzt, die sich ausgerechnet heute auf dem Weg zu einem gepflegten doppelten Espresso in Luzern schlagartig löste.

Bleibt noch die logistische Aufgabe, die Teile schnell von Paris hierherzubringen. Die Gelegenheit ist jedenfalls optimal, da meine Vorderachse auch Spuren eines gerichteten Knicks aufweist, und mein Vertrauen in gerichtete Unfallschäden momentan etwas unterwandert ist.

Trotz allem schätze ich mich ja sehr glücklich, und dies gleich in verschiedener Hinsicht. Ich habe heute einen lebensgefährlichen Defekt mit viel Glück schadlos überstanden, war dank einer ausgezeichneten Pannenhilfe in kurzer Frist wieder daheim und konnte gleich alle defekten Teile auftreiben, dazu noch die notwendigen, um die Unfallschäden aus den Fünfzigern gänzlich verschwinden zu lassen.

Und so freue ich mich weiterhin eines aktiven Fünferlebens....und die Geschichte geht weiter.

Gruss ausm Süden

Oliver

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  • 3 Wochen später...
  • 2 Wochen später...

So langsam sollte ich wohl aktiv werden. Vor einem Monat hat ein Kollege für mich ein Lenkgetriebe auf Ebay ersteigert, das zufällig gerade am Morgen nach meinem Lenkungsbruch fällig war.

Die etwas Kundigeren unter Euch werdens schon erraten haben. Ich habe natürlich noch kein Lenkgetriebe und werde die Sache jetzt doch mal selber in die Hand nehmen. Zwei Wege stehen zur Auswahl. Entweder ich finde ein intaktes Lenkgetriebe, oder ich beschaffe mir einen ordentlichen Eisenklotz und verschwinde damit mal in Richtung Fräse. Die Innerereien der Lenkung haben den Ausfall ja unbeschädigt überstanden.

Ich könnte mir momentan jeden Tag etwa drei Mal in den Arsch beissen, dass ich mich wiedermal durch Ebay von besseren Fähigkeiten habe ablenken lassen. Hätte ich den besagten Eisenklotz gleich am Montag nach dem Ausfall bestellt, so würde ich mittlerweile seit zwei Wochen wieder herumfahren und könnte - auch meinen ursprünglichen Absichten entsprechend - vom Fahren berichten. Auch hätte ich mittlerweile durch lästiges Herumfragen in der französischen Szene wohl schon eines gefunden.

Nun, allzulange wird es nicht mehr dauern. Ich frage und fräse nicht ungerne.

In der Zwischenzeit musste ich von einer neuen Hiobsbotschaft aus unserer helvetischen Oldtimerszene erfahren. Ich gehöre nämlich zu der lästigen Mehrheit, die sich nicht viel aus Oldtimerclubs machen. Daher bin ich nicht immer auf dem Laufenden, was die verschiedenen öffentlich ausgetragenen Furzideen betreffend meiner Leidenschaft angeht.

Nun soll hierzulande in Zukunft der Veteranenstatus von einer entsprechenden Vorabnahme beim FSVA/FIVA mit dazugehörigem Fahrzeugpass abhängen.

Die Abnahmepflicht durch unseren hiesigen Tüv bleibt aber auch erhalten. Dadurch sollen die dortigen Experten von der schwierigen Aufgabe der Oldtimerabnahme entlastet werden und in Zukunft nur noch profane Dinge wie Bremsen oder Beleuchtung kontrollieren müssen. Dafür garantiert der FIVA-Fahrzeugpass auch für die durch deren Experten abgenommene Originalität der Fahrzeuge.

Klingt doch ganz nett, so auf den ersten Blick, und total plausibel. Jedenfalls vor dem fiktiven Hintergrund reihenweise durch anarchistische Oldtimermissbraucher verarschter und fachlich wie auch menschlich total inkompetenter Experten beim Tüv....

Die Realität weicht glücklicherweise heftig von dieser Fiktion ab.

Für mich hingegen stellt sich die reale Situation dann in Zukunft wohl so dar, dass meine Fahrzeuge, die sich infolge eines langen Autolebens teilweise recht weit vom Originalzustand entfernt haben, plötzlich von zwei unterschiedlichen Experten angenommen werden müssen.

Ich stehe dazu, dass ich den Ermessensspielraum unserer Experten regelmässig und auch nicht ungern herausfordere. Dies hat im Lauf der Jahre zu einem beinahe persönlichen Verhältnis zwischen uns geführt. Wobei ich nicht so dumm bin, dieses gute Verhältnis durch das Vorführen eines mängelbehafteten Fahrzeugs aufs Spiel zu setzen. Andererseits habe ich aber dank diesem Verhältnis eine feuerverzinkte, blanke Ente mit Veteraneneintrag.

Dies verdanke ich der positiven Zusammenarbeit mit unserer Motorfahrzeugkontrolle sowie einem, in Bezug auf den amtlichen Ermessensspielraum selten glücklichen Moment.

Nun stelle man sich dasselbe Manöver mit zwei völlig unterschiedlichen Experten vor, einem, der seit Jahren in zu keinerlei Klagen Anlass gebenden Umfang sowohl Technik als auch Originalität alter Fahrzeuge begutachtet und bekannterweise auch mal ein Auge in Bezug auf die Originalität zudrückt, und einem neuen, der für die Originalität gemäss FIVA-Reglement zuständig ist... Die Chance, gleich zweimal in den Genuss eines positiv ausgelegten Ermessensspielraums zu kommen halte ich für ähnlich gross wie die für eine Freibierorgie in unserer Dorfkirche.

Alleine bei der Vorstellung, bei wem ich da lieb Kind machen müsste, um meine gepflegten alten Schwarten weiterhin auf vernünftige Art bewegen zu dürfen, sträubt sich mir der neuerworbene Bart.... Wer kennt die einschlägigen Stände von den Oldtimermessen nicht, mit ihrem elitären Champagnerhauch ? Alleine das Durchschnittsalter an solchen Orten hält den von allen Seiten so sehnlichst herbeibeschworenen Nachwuchs ja sehr effizient fern - wenn das nicht schon vorher die aufgehängten Bilder der teils millionenschweren Autos der Clubmitglieder erledigt haben.

Für mich steht recht viel auf dem Spiel. Die Veteranenzulassung bietet in der Schweiz die Möglichkeit, mehrere Autos auf ein Kennzeichen zuzulassen, dies dazu noch zu einem recht vernünftigen Tarif. Im Moment sind das bei mir vier Autos...die meistens mehr Begeisterung und Sympathie bei meinen Mitmenschen erwecken als irgendein hochglanzpoliertes Einfamilienhaus auf Rädern.

Nun, kampflos werde ich so etwas sicher nicht hinnehmen. Ich begeistere mich seit meiner Kindheit für alte Autos, nicht fürs Clubleben, und werde es nicht widerstandlos hinnehmen, wenn die bisher von staatlicher Seite verwalteten Veteranenkennzeichen jetzt plötzlich durchs Hintertürchen privatisiert werden sollen. Leider habe ich nur die Vernunft auf meiner Seite, während die andere Seite durch handfeste finanzielle Interessen beflügelt wird.

Ich hoffe aber sehr, dass sich dieses Problem lösen lässt, genauso wie jenes mit dem Lenkgetriebe.

Gruss ausm Süden

vom Nichtfahrer Oliver

Ich glaube an die Schraube.

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gibt´s denn in der schweiz nicht so etwas wie einen bestandsschutz? oder muss das oldtimer-kennzeichen für ein fahrzeug immer wieder neu beantragt werden? naja, auch wenn es kein trost für dich sein dürfte: auch in deutschland wiehert der amtsschimmel immer wieder völlig unverständlich...

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Heute habe ich mich erstmal gründlich informiert. Jetzt weiss ich direkt von der Quelle, dass nicht einmal mein Fünfer eine Chance auf einen FIVA-Fahrzeugpass hätte. Umbauten wie die 1955 nachgerüstete Vorderbremse widersprächen dem Originalitätsempfinden des FSVA/FIVA...

Als Schweizer hört man öfters den Vorwurf einer gewissen Trägheit. Einen interessanten Beleg dafür habe ich gerade heute morgen beim Kaffee gefunden. So durfte ich erfreut lesen, dass die grossen Auktionshäuser eine Trendwende feststellen, nämlich dass original erhaltene Fahrzeuge in halbwegs brauchbarem Zustand ihre toprestaurierten Kollegen preislich längst überflügelt haben.

Pünktlich zu dieser Erkenntnis laufen bei uns gerade Bestrebungen, nur noch prospektkonforme Oldtimer in ihrem modernen Bestzustand als Veteranen zuzulassen. So wird hier allen Ernstes diskutiert, ob ein Originallack mit Gebrauchsspuren einer Veteranenzulassung im Weg steht.

Freuen wird dies wahrscheinlich wiedermal die Holländer, die die Schweiz längst als lohnenswertes Einkaufsland alter Fahrzeuge kennen.

Nun weiss ich immerhin, woran ich bin.

Da die gegenwärtigen Bestrebungen darauf hinauslaufen würden, dass das Durchschnittsalter in der sog. Veteranenszene weiter steigt und viele sich wohl von ihren geliebten Schätzen trennen würden, habe ich mir eine nicht minder destruktive Idee ausgedacht. Und zwar wäre dies ein sogenannter Veteranenführerschein. Begründen lässt sich sowas eher noch leichter als ein obligatorischer FIVA-Fahrzeugpass. Die in den letzten vierzig Jahren zur Führerprüfung verwendeten Autos sind um ein Vielfaches leichter zu bedienen und erlauben infolge ihrer Fahr- und Bremsleistung ein weitaus gedankenloseres Fahren als beispielsweise Vorkriegsfahrzeuge. Ausserdem erfordern alte Autos einen weitaus vorausschauenderen Fahrstil als moderne, ganz abgesehen von der notwendigen schnellen Reaktion.

Damit liessen sich vielleicht Szenen wie die vom Sonntag vermeiden, als der Fahrer eines wunderschönen Alfa-Romeo zweimal den Rückwärtsgang nicht erwischte , als er ihn endlich hatte, würgte er dann gekonnt den Motor ab. An sich nichts besonderes, wenn da nicht das noble Schild vorne am Auto gewesen wäre: "Commissaire technique ACS"...

mit fröhlichem Gruss

Oliver

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Pünktlich zu dieser Erkenntnis laufen bei uns gerade Bestrebungen, nur noch prospektkonforme Oldtimer in ihrem modernen Bestzustand als Veteranen zuzulassen. So wird hier allen Ernstes diskutiert, ob ein Originallack mit Gebrauchsspuren einer Veteranenzulassung im Weg steht.

Das ist ein Witz, oder? In D ist zwar für ein historisches Kennzeichen theoretisch auch die Zustandsnote 3 erforderlich ("Gebrauchter Zustand, normale Spuren der Jahre"). Bisher würde aber niemand ernsthaft auf die Idee kommen, einen Neuwagenzustand zu fordern. Vor einigen Monaten gab es wohl mal eine angebliche Initiative des Bundesverkehrsministeriums, die Anforderungen zu verschärfen. Das hat sich aber als Medienblase herausgestellt. Und natürlich gibt es auch hierzulande die Überrestaurationsfetischisten: Jeder so wie er mag. Ich bin eher für Patina.

Diskutiert wird eher, ob das Mindestalter von 30 Jahren für Oldtimer - etwa im Zusammenhang mit Ausnahmen vom Fahrverbot in Umweltzonen - nicht herabgesetzt werden soll. Aber auch dafür gibt es keine Mehrheit.

Gruß Jörg

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Leider kein Witz, oder halt der übliche eidgenüssliche...

Wobei ich vielleicht erwähnen sollte, dass der FSVA (Fédération Suisse de Vehicules anciens), der uns gerade seine eigenen sog. Experten aufs Auge drücken möchte, eher die Oberklasse der Veteranenliebhaber repräsentiert. Ein kurzer Blick auf deren Homepage fsva.ch informiert beispielsweise, dass der FSVA gerade mal 10'000 Mitglieder "vertritt". Und auch dies nur vorwiegend in Form entsprechender Mitgliedschaften von dort eingetragenen Markenclubs mit ihren Mitgliedern...

Die ganze Geschichte stinkt heftig. Und zwar schon aus der Medienmitteilung. Dort steht beispielsweise, dass der FSVA für jede Marke einen Experten haben werde. Auch steht dort, dass der FIVA-Veteranenpass nur gerade mal 70 Franken kosten solle. Nun würde es mich ungemein interessieren, welcher Experte für diesen Betrag durch die halbe Schweiz reist... Oder würde dies dann bedeuten, dass wir unsere Autos zum jeweiligen Experten bringen müssten ? Immerhin hätte dies zur Folge, dass man die wenigen verbleibenden Veteranen dann über weitere Strecken auf dem Hänger auf unseren Strassen bewundern dürfte.

An sich ist mir jetzt schon klar, dass der Preis dann aus tausend faulen Gründen nicht gehalten werden könnte. Die Taktik ist ganz ähnlich wie die der Autoindustrie wenns ums CO2 geht und nichts wirklich Neues.

Abgesehen davon halte ich die Vorgabe, man müsse diesem Experten dann die notwendige technische Dokumentation selber zur Verfügung stellen, für einen echten Witz. Mit solchen Dokumenten ausgestattet ist jeder halbwegs nüchterne Automechaniker in der Lage, ein Fahrzeug zu beurteilen.

Was mich halt wirklich auf die Palme treibt, ist die Aussicht darauf, genau bei einer Gruppe Menschen um die Veteranenzulassung betteln zu müssen, der ich in den letzten dreissig Jahren recht erfolgreich aus dem Weg gegangen bin.

Nun tun wir Eidgenossen uns ja bekanntlich schwer mit neuen Vögten. Und so hoffe ich trotzdem, dass das Ganze sich als Seifenblase entpuppen wird. Was mich aber nicht davon abhält, mich aktiv für den Erhalt meines Fünfers als Veteran einzusetzen.

Gruss nochmal

Oliver

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