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5HP im Alltagseinsatz


Ehrwuerden

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Ich kann mir auch kaum vorstellen, das Catherine das in irgeneiner Form böse gemeint hat....also bitte Ehrwürden, ich würde auch gerne mehr hören.

Gruss

Thomas

DerdiesenFrednichtheimlich,aberunheimlichgerneliest

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Zurück zum Thema, auch wenn es konkret nicht viel zu berichten gibt. Der Schrecken sitzt mir seit dem schlagartigen Ausfall der Lenkung doch tiefer als gedacht. Jedenfalls sind meine Ansprüche an selbige eindeutig gestiegen. Ich fühle mich seither recht unwohl, wenn der Fünfer wiedermal wie besoffen in verschiedenen Spurrillen herumhüpft. Da hat auch die neue Lenkung nichts dran geändert.

An sich sind diese frühen Lenkungen ja konstruktiver Blödsinn. Richtig gut waren sie nur wenn sie neu waren. Das Prinzip mit einer Schnecke auf der Lenkwelle, die bei Drehung ein Zahnsegment schwenkt, auf dessen Welle der Lenkhebel sitzt, ist alles andere als reibungsarm. Die übertragenen Kräfte sind heftig und tragen ihrerseits zum schnellen Verschleiss bei. Da Autos die meiste Zeit ihres Lebens fast geradeaus fahren, ist das Zahnsegment in der Mittelstellung meistens abgenützt, die Lenkung bekommt Spiel. Dem haben die Konstrukteure versucht entgegenzuwirken, indem sie die Welle des Zahnsegments in einer grossen, exzentrisch gebohrten und drehbaren Bronzebüchse gelagert haben. Dadurch konnte das Spiel theoretisch aufgehoben werden. Dummerweise steht dem die ungleichmässige Abnützung des Zahnsegments im Wege, wenn die Lenkung in Mittelstellung spielfrei eingestellt ist, klemmt sie dann in den Endstellungen.

Genau mit diesem Problem schlage ich mich auch gerade herum. Die einzige wirkliche Lösung, wenigstens wieder für einen begrenzten Zeitraum, wäre die Wiederherstellung eines gleichmässigen Profils auf dem Zahnsegment. Ich habe heute die Lenkung wieder ausgebaut und werde zuerst einmal eine neue, exzentrische Bronzebüchse anfertigen. Die bestehende hat für meinen Geschmack zuviel Spiel. Eine schöne Aufgabe, wenn man gerne am Drehbank arbeitet. Ich freue mich jedenfalls schon sehr aufs Bronzeschnitzen. Aber zuerst muss ich einen geeigneten Rohling auftreiben.

Das Nacharbeiten des Zahnsegments dürfte eher schwierig werden, ich bin eigentlich nicht dafür eingerichtet. Aber wer ist das schon ? Darum habe ich mir etwas ausgedacht, wie ich das Schleifen auch auf dem Drehbank erledigen kann. Das dürfte meine morgige Aufgabe werden. Mit etwas Glück habe ich dann bis Ende Woche eine - diesmal wirklich - neuwertige Lenkung.

Die ungleichmässige Abnützung hat aber auch ihre Vorteile. So hat sie mir gezeigt, dass die neue Lenkung zusammen mit einer längeren Verbindungsstange zur rechten Radnabe eingebaut gewesen sein muss. Ich hatte mich ja noch gewundert, dass ich bei gleichmässiger Einstellung der Lenkanschläge im Gehäuse nur noch nach rechts lenken konnte, da es sich aber in Sekundenschnelle nachstellen liess, habe ich dem keine weitere Beachtung mehr geschenkt. Erst heute beim erneuten Versuch, die Lenkung besser einzustellen, wurde mir die Ursache klar, die in der für diese Lenkung zu kurzen Verbindungsstange liegt. Als ich die Lenkung nämlich spielfrei eingestellt hatte, war sie nur noch in der Mittelstellung leichtgängig. Das war zu erwarten, nicht jedoch, dass die Räder in der gefühlten Mittelstellung kräftig nach rechts eingeschlagen sind.

Mit etwas Glück werde ich in den nächsten zwei Wochen zu einer frischen Vorderachse kommen. Der Ersatz meiner verbogenen steht ja schon lange im Raum. Dazu kommt jetzt noch die Aufgabe, das Gestänge der Lenkung zu überarbeiten. Dies betrifft auch die Verbindungsstange zwischen den beiden Radnaben, deren Länge nicht verstellbar ist. Dadurch kann die Spur bestenfalls mit dem Vorschlaghammer eingestellt werden.

Und wenn ich gerade so schön an der Vorderachse bastle, dann baue ich mir auch gleich die Gabeln, die ein Kippen der Vorderachse beim Bremsen verhindern sollen. Ich hatte ja reichlich Zeit, mir etwas auszudenken. Was übrigens nicht einfach war, ich möchte ja schliesslich ein System, das die Federung nicht noch zusätzlich belastet. Eines der dabei zu lösenden Probleme war der Weg, den die Vorderachse gegenüber dem Chassis beim Einfedern einschlägt. Dummerweise bewegt sie sich dabei nicht einfach radial entsprechend zur Länge des untersten Federblatts, sondern auf einer spiralförmigen Bahn nach oben. Im Moment schwirren mir da noch verschiedene Lösungsansätze im Kopf herum. Und jeder hat sein Für und Wider...

Auf jeden Fall steht soviel fest: bei seiner nächsten Fahrt stimmt die Lenkgeometrie wieder. Und dann lässt sich auch über einen Satz frische Michelins reden...

Schliesslich ist mein Fünfer kein Oldtimer, dem man diverse technische Mängel im Interesse der Originalität nachsieht, sondern nur ein altes Auto, das noch möglichst lange weiterfahren möchte. Im Moment tut er dies noch als offizieller Veteran, aber wahrscheinlich wird er bald auch zulassungstechnisch einfach nur noch als altes Auto gelten. Denn zum Fahren sind Vorderbremsen und eine sichere Vorderachsaufhängung weitaus hilfreicher als es ein FIVA-Fahrzeugpass oder eine Veteranenzulassung je sein können. Es ist im Endeffekt nicht in meinem Interesse, wenn ich dank Originalität meines Autos in den Genuss eines FIVA-Passes und einer Veteranenzulassung komme, die mir dann billigere Versicherungstarife ermöglichen, wenn gleichzeitig dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Versicherungsfalls steigt. Ausserdem hat man ja so seinen Stolz, der durch die vorgesehene Regelung ja erst recht herausgefordert wird. In meinem Fall ist es gerade der Verzicht auf eine Veteranenzulassung...

Soviel zum momentanen Stand. Und dazu ein Gruss,

Oliver

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Lieber Oliver,

danke, daß Du Dich hast entschließen können, weiter zu schreiben. Damit hast Du auch Deine Souveränität gezeigt; schließlich kann es eine Schweizer Eiche doch nicht wirklich stören, wenn sich 'ne Bochumer Wildsau an ihr wetzt, gelle?

Ich schließe mich auch den schon mehrfach geäußerten Wünschen an, Deine Berichte als Buch genießen zu können. Du gibst uns hier etwas, das im Internet typischerweise rar ist: Literatur!

Nochmals: Danke, und mach bitte weiter so!

LG Béla

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Kurzer Bericht aus der Werkstatt. Für heute hatte ich mir das Nachschleifen des Zahnsegments der Lenkung vorgenommen. Dazu hatte ich mir eine Vorrichtung ausgedacht, die die Lenkwelle senkrecht, drehbar gelagert, auf dem Querschlitten der Drehbank fixiert. Das Zahnsegment spannte ich dann ins Futter und hielt es zusätzlich mit der Spitze gegen. Das Herstellen der Halterung liess sich noch in halbwegs vernünftiger Zeit erledigen, im Gegensatz zu dem, was danach kam.

Das Ziel beim Schleifen ist es, aus einem ungleichmässig abgenützten Gegenstand einen gleichmässig verschlissenen zu machen. In meinem Fall bedeutete dies, dass ich den achtzigjährigen Verschleissvorsprung, den die Lenkung in der Mittelstellung gegenüber den Einschlägen angenommen hatte, irgendwie ausgleichen musste. Konkret musste ich also achtzig Jahre Abnützung simulieren. Das geht bei gut gehärteten Teilen auch mit Schleifpaste nicht gerade schnell. Beim Ansetzen und Zentrieren der stehenden Lenkwelle mit der Schnecke konnte ich dann auch gleich herausfinden, wieviel die tatsächliche Abnützung im Mittelsegment war. Es handelte sich dabei um nicht ganz zwei Zehntelsmillimeter, radial gesehen. Das ist auf den ersten Blick sehr wenig, aber bei Maschinen, wo wenige Gramm Metall über deren Brauchbarkeit entscheidet, ist es definitiv zuviel. So können zwei Zehntelsmillimeter fehlender Stahl zu einem recht unangenehmen Lenkungsspiel führen.

Was ich aber nie vermutet hätte war, dass ich die Werkstatt erst wieder in der Nacht verlassen würde. Frohgemut begann ich zu schleifen, gab mir viel Mühe, die Abnützung auf die beiden Enden des Zahnsegments zu konzentrieren...und schliff. Und schliff... Und zwar den ganzen Nachmittag lang, dazu noch den frühen Abend. Schleifen ist eine sehr langweilige und nervtötende Arbeit. An sich kurbelt man lediglich die Welle hin und her und achtet darauf, dass immer genügend Schleifpaste am richtigen Ort ist.

Das Schleifen des Zahnsegments war aber irgendwie trotzdem recht abwechslungsreich, wenn auch auf seine sehr eigene Art. Um dies voll auskosten zu können empfiehlt sich ein tranceähnlicher Zustand. Es würde mich nicht wundern, wenn der Beruf des Dorfschamanen auf eine solche Begebenheit zurückginge.

Die Kontrolle über den Schleifvorgang hat man auf zwei Arten. Zuerst einmal hört man, ob und wie sehr die Schleifpaste gerade greift. Zudem spürt man beim Schleifen von Hand - der Drehbank diente lediglich als Führung - jeden noch so kleinen Widerstand. Dadurch lässt sich sehr gut auf die besonders schleifenswerten Stellen eingehen. Da die Schnecke ein zweigängiges Gewinde trägt, muss sie zwischendurch immer mal wieder aus dem Zahnsegment herausgedreht und um 180° gedreht werden, bevor sie wieder eingreifen darf. Dadurch wird die Schleifarbeit gleichmässig auf beide Gewindegänge verteilt, das Resultat sollte ein gleichmässig geschliffenes Gewinde sein. Da das Zahnsegment frei drehbar im Futter des Drehbanks steckt, lässt es sich auch in bestimmten Momenten fester auf die Zahnflanke des Segments drücken. Dies erhöht die momentane Schleifwirkung und ist sehr hilfreich, um gezielt an einer Stelle zu schleifen.

Sechs Stunden lang habe ich also an der Welle gedreht, vor und zurück, immer wieder, dann wieder ein paar Hundertstel nachgestellt und weiter gings. Nach etwa fünf Stunden liess sich das ganze Zahnsegment wieder völlig gleichmässig schwenken, ohne Stellen erhöhten Widerstands. Die letzte Stunde verbrachte ich dann noch mit dem Feinschliff, also nur noch wirklich nervtötendes Hin- und Hergedrehe an der Welle, bis es dann endlich soweit war und der Überdruss über den Perfektionismus siegte. Das Resultat macht mir einen guten Eindruck, auch unter der Lupe sehen die geschliffenen Flanken jetzt ganz annehmbar aus. Im Gegensatz zur original gefrästen Oberfläche sieht es jedenfalls geradezu perfekt aus.

Die Herstellung dieser Lenkung dürfte noch nach reichlich brachialen Grundsätzen vonstatten gegangen sein. Auf der Schnecke finden sich eindeutige Feilspuren, die aber nur vor dem Härten angebracht worden sein können.

Ein Problem, das anscheinend Generationen von Mechanikern auf groteske Ideen kommen liess, war die Befestigung des Lenkhebels auf seinem Konus. Bei meiner ersten Lenkung war es eine gigantische Überdosis Loctite, bei dieser hier hat ein kluger Fachmann den Konus auf der Welle randriert. Das heisst, er hat dem Teil auf dem Drehbank eine fein geriffelte Oberfläche verpasst. Ich staune immer wieder gerne, welch Aufwand manchmal betrieben wird, um eine weniger aufwendige, aber technisch korrekte Lösung zu umgehen. Dabei ist so ein Konus sicher viel schneller nachgeschliffen als auf dem Drehbank "nachbearbeitet".

Somit weiss ich auch schon, was ich morgen in der Kaffeepause mache...

Dies mein heutiger Beitrag aus der Reihe "die Kurbel zum Glück",

dazu ein fein geschliffener Gruss

Oliver

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Jetzt wäre ein guter Moment zum Grummeln. Die Lenkung ist wieder zusammen, wenigstens provisorisch. Schliesslich wollte ich ja am lebenden Objekt herausfinden, ob meine Schleiferei geholfen hat. Und genau da liegt der Hund begraben...es hat geholfen, aber noch nicht genug. Also das Ganze nochmal von vorne. Die Freude ist dabei etwas zwiespältig.

Aber man darf auch das Positive nicht ausser Acht lassen. Die Lenkung hat in der Mittelstellung zwar immer noch etwas Spiel, wenn auch spürbar weniger, aber sie lässt sich jetzt schon recht weich von einem Anschlag zum andern kurbeln. Das ursprüngliche Gerumpel ist bereits verschwunden.

Das grosse Exzenterlager des Zahnsegments muss ich definitiv neu anfertigen. Der wirksame Verstellweg reicht nicht mehr aus, um das Spiel ganz aufzuheben. Wie üblich hätten zwei Zehntelsmillimeter mehr Exzentrizität die Neuanfertigung unnötig gemacht. Aber da wurde eindeutig ab Werk ein Hund eingebaut. Der Verstellweg ist offensichtlich fehlplaziert, in Richtung Zahnsegment hätte es gerne etwas mehr sein dürfen, in die andere Richtung bringt es wenig, wenn man das werksneue Getriebe auf einen Millimeter Spiel einstellen konnte.

An solchen liebenswerten Bauteilen wird mir langsam klar, wie problematisch die heute selbst auf Spielzeugniveau übliche Fertigungspräzision damals ausgesehen haben muss.

Ich konnte früher, also bevor der Zustand unserer Strassen erneut einen Grund dafür abgab, öfters beobachten, dass ältere Fahrer in Momenten ohne Gegenverkehr auf die Strassenmitte wechselten. Der Grund dafür ist mir jetzt klar, er lag im damals wohl üblichen Lenkungsspiel, das eine gewisse Platzreserve auf beiden Seiten ratsam erscheinen liess. Und wenn ich an die bisher erlebten Basteleien an der Befestigung der Lenkhebel denke, verstehe ich plötzlich auch die vielen Bilder mit alten Autos, die aus unerfindlichen Gründen vom Weg abgekommen sind. Und eines kann ich beinahe garantieren: die Fahrer dieser Fahrzeuge sind damals nicht sanft von ihren Fahrzeugen in den Sekundenschlaf eingelullt worden.

Vom sicherheitstechnischen Standpunkt her waren diese frühen Lenkungen noch recht gefährlich. Im Vergleich zu einer moderneren Zahnstangenlenkung wirkten ungeheure Kräfte auf die Einzelteile, die internen Reibungsverluste verhinderten zuverlässig ein selbständiges Geradeausrichten der Räder beim Fahren und der Ausfall eines Bauteils der Lenkung hatte meist katastrophale Folgen. Zudem mussten die Dinger häufig geschmiert und nachjustiert werden - und zeigten trotzdem schon recht früh spürbaren Verschleiss.

Umwelttechnisch gesehen stehen diese Lenkungen jedoch recht gut da, bestehen sie doch nur aus Eisen, etwas Bronze und ganz wenig Papier. Und als Beschäftigungstherapie geben sie eindeutig mehr her als eine Zahnstangenlenkung...

Und die Schleiferei geht weiter.

beschäftigte Grüsse ausm kalten Süden

Oliver

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Es wird, wenn auch langsam. Mittlerweile bin ich von herkömmlicher Ventilschleifpaste auf Diamantpaste umgestiegen. Damit arbeitet es sich doch spürbar schneller. Und morgen kann ich ein Stück Bronze holen gehen, dann geht die Sache mit dem Exzenter los.

Man erinnert sich ja gerne mit verklärtem Blick an die qualitativ so hochwertigen alten Autos. Ich gehöre ja auch zu denen, die sich durch schön ausgeführte Bauteile und Zapfenschliff beeindrucken lassen. Und das dicke Blech von damals erst....die Autos von damals sind einem ja anscheinend nicht während der Mittagspause weggerostet.

Dafür ist ihre Holzkonstruktion schneller verfault, als der Lack stumpf wurde.

Irgendwo hatte ich ja immer diesen unbewussten Zwiespalt. Als Verfechter antiker Technologien waren diese für mich immer modernen Technologien ebenbürtig, abgesehen von der heutigen Produktionsoptimierung. Zumindest wollte ich das immer gerne glauben. Als Entenfahrer ist man sich ja gewohnt, allerlei geschickte Ausreden für seinen Masochismus zu erfinden.

Seit ich mich mit dem Thema Lenkung eines alten Autos auseinandersetze, ist mir klar, warum sowenige alte Autos überlebt haben. Damals war es unvermeidlich, dass ein Auto mit zunehmendem Alter Lenkungsspiel bekam. Das dürfte die damaligen Fahrer nicht minder gestört haben als mich heute. Wenn man nun die hohen Materialkosten von damals in Relation zu den vielen alten Fotografien von Autos mit bis auf die Leinwand heruntergenudelten Reifen setzt, dann wird einem bewusst, dass auch der frühe Fahrer eines kleinen Autos mit wirtschaftlichen Problemen zu tun hatte. Dazu kommt noch erschwerend, dass die Fünfer gerade in der Zeit der Weltwirtschaftskrise in ein Alter kamen, wo Bauteile wie das Lenkgetriebe wenigstens teilweise hätten erneuert werden müssen. Und so war ein gebrauchter Fünfer damals aller Wahrscheinlichkeit nach schon reichlich verbraucht, mit den üblichen wenigen Ausnahmen. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden solche Autos noch ganz verschlissen, eine seriöse Instandstellung lohnte sich auch damals nicht. Immerhin bestanden die Verlockungen der damaligen Neuwagen nicht nur in höheren Leistungen und mehr Bremskraft, sondern auch in solchen Details wie einer (noch) spielfreien Lenkung. Dies vergrösserte den Unterschied zwischen Neuwagen und Gebrauchtwagen um ein Vielfaches von dem, was wir heute kennen. Alles in Allem gab es also recht viele gute Gründe, damals alte Autos zu verschrotten.

Umso erstaunlicher, dass schon 1955 jemand auf die Idee kam, meinen Fünfer instandzustellen und zu modernisieren. Wenn er reden könnte....ich vermute nämlich, dass er seit mindestens einem halben Jahrhundert in Händen von Spinnern war.

Und damit das weiterhin so bleibt, wird sein Fahrwerk jetzt auf Vordermann gebracht. Die Lenkung ist jedenfalls auf bestem Weg.

Soviel zur momentanen Lage im kalten Süden. Nächste Woche kommt die frische Vorderachse. An Arbeit wird es mir also nicht mangeln...

fröhliche Grüsse

Oliver

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ich vermute nämlich, dass er seit mindestens einem halben Jahrhundert in Händen von Spinnern war.

Wie gut, dass es Spinner gibt!

Gruß Jörg

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Wer sagt, dass die kalte Jahreszeit relativ reizlos für Liebhaber alten Eisens ist, irrt. Ich komme gerade aus der Werkstatt, wo ich wie angekündigt fleissig Bronze geschnitzt habe. Das Resultat ist eine neue, exzentrische Lagerbuchse für die Welle des Zahnsegments meiner Lenkung. Vier Stunden gemächlicher Arbeit und ein Bronzekloben waren dazu nötig, nebst einem gut eingerichteten, grossen Drehbank.

Auch auf die Gefahr hin, damit zu langweilen, erlaube ich mir eine Beschreibung der einzelnen Arbeitsgänge. Ich geniesse solche Arbeiten immer ungemein, und meine Werkzeugmaschinen sind ja auch nicht viel jünger als der Fünfer. Werkzeugmaschinen alleine sind aber nur der halbe Spass, ohne schubladenweise Zubehör wie Drehstähle, Fräser und Spannwerkzeuge etc. etc. gestaltet sich das Arbeiten eher mühselig. Da ich seit vielen Jahren mein Unwesen in dieser Werkstatt treibe, und immer ein sehr offenes Auge für günstige Gelegenheiten beim Gebrauchtwerkzeugkauf hatte, darf ich mir viel Improvisation sparen und muss keine werkzeugbedingten Kompromisse eingehen. In Momenten wie heute, wo ich das eine oder andere Werkzeug in die Hand nehme, das schon seit zehn Jahren unbenutzt in einer Schublade liegt, freue ich mich. Zuerstmal über die Erinnerung, wo das Teil herkommt, und dann ganz heftig über die Arbeitsersparnis. Dabei mangelt es auch hier nicht an Stimmen, die mein altes Geraffel am liebsten aus der Werkstatt verbannen würden. Bis sie dann auch mal etwas davon brauchen können.

Mechanische Werkstätten waren für mich immer Orte höherer Mysterien. Als Kind bewunderte ich die Werkstattinhaber immer ob ihrer Fähigkeit, hunderte mir völlig unverständlicher Werkzeuge auf die ihnen eigene, richtige Art anzuwenden. Und heute erfüllt es mich mit heimlichem Stolz, dass auch ich einer von diesen Blaukitteln geworden bin, die sich im Bereich von Hundertstelmillimetern erst richtig wohl fühlen. Anstelle von Rasierwasser rieche ich nach verbranntem Öl und Metallabrieb. Und erst heute weiss ich, warum diese alten Mechaniker in ihren Werkstätten meist sehr wortkarg waren. Wenn man vier Stunden lang an einem Bronzekloben herumschabt, um ihn schliesslich auf besagten Hundetstelmillimeter genau so zu haben, wie man sich das ausgerechnet hat, bleibt nicht viel Raum für Worte. Das Arbeiten an einem grossen Drehbank, mit Vorschüben und an der Grenze des Verantwortbaren, erfordert eine ganz besondere Art der Konzentration. Drehbänke sind ja gewissermassen auch irgendwie Persönlichkeiten. Jedenfalls haben alle ihre Eigenheiten, sei es von der Bauart oder auch von der Abnützung her. Will man wirklich präzise arbeiten, muss man die Maschine gut kennen. Ich bin heute bis nahe an die Grenze des Vernünftigen gegangen, beim Abschaltpunkt des Vorschubs befand der Stahlhalter sich noch einen Millimeter vom Spannfutter, das mit 500 Umdrehungen rotierte. Da ist es unerlässlich, die Eigenheiten seiner Maschine gut zu kennen. Mein Bank schaltet in Abhängigkeit der Vorschubgeschwindigkeit an geringfügig unterschiedlichen Endpunkten aus. Der Unterschied zwischen schnell und langsam ist zwar nur einige Zehntelsmillimeter, aber das kann in Fällen wie meinem heute entscheidend sein.

Nun zur Beschreibung der Arbeiten am Bronzekloben. Ich hatte einen runden Rohling von 50mm Durchmesser, mit einer Bohrung von 18mm. Die exzentrische Bohrung sollte am Ende genau 24,96mm haben, um die Abnützung der Welle etwas auszugleichen. Die Welle hatte ich vorgängig mit Schmirgeltuch auf dem kleinen Drehbank geglättet und poliert und dabei auf ein einheitliches Mass von 24,92mm gebracht. Ursprünglich hatte sie 25mm. Es erwies sich als der vernünftigere Weg, zuerst einmal die exzentrische Bohrung zu bearbeiten. Dazu musste das runde Bronzeteil exzentrisch im Drehbank eingespannt werden. Die Bohrung war bei der alten Buchse 1mm aus der Mitte, ich wollte jetzt aber zwei. Daher gestaltete sich das Einspannen im Vierbackenfutter recht simpel, ich unterlegte an zwei Seiten je ein 1mm-Blech, auf der dritten Seite dann zwei davon. Nun war der ganze Kloben 2mm exzentrisch aufgespannt und die Dreherei konnte beginnen. Der Haken an der Sache war, dass die ursprüngliche Bohrung jetzt 2mm aus der Mitte war, was für den ohnehin beunruhigend langen Drehstahl eine sehr starke Belastung bedeutete. Durch den unregelmässigen Abtrag bedarf es mehrerer Durchgänge mit einem sehr gut geschliffenen und korrekt eingestellten Stahl. Es dauerte recht lange, bis ich ein anständig rundes Loch hatte, dann konnte ich ans Endmass herangehen. Auch hier wieder in etlichen Durchgängen, Bronze ist ein zähes Zeug.

Als die 70mm lange Bohrung dann endlich auf Mass gebracht war, brach ich noch kurz die Innenkante, bevor ich das Teil endlich umspannen konnte. Nun wurde der Kloben wieder normal mittig eingespannt und ich konnte darangehen, ihn aussen zu bearbeiten. Das Aussenmass, wo er ins Gehäuse geschoben wird, ist genau 33mm. Das ging dann recht flott, hier konnte ich auf einen herrlich kräftigen Hartmetallstahl zurückgreifen. Dann die Vorderkante brechen - wieder ein Wechsel des Drehstahls. Und gleich nochmal, diesmal kam der Einstechstahl zum Einsatz, um die Schmiernut aussen anzubringen. Dann kam der Einstechstahl gleich nochmals zum Einsatz, jedoch mit mehr Vorsicht als sonst schon. Fürs Einstechen ist ein Planvorschub eine sehr angenehme Sache, aber ich musste höllisch aufpassen, damit ich ihn ausschaltete, bevor der Stahl in Kontakt mit der exzentrischen Bohrung Unheil anrichten konnte. Schliesslich hing da am frei rotierenden Ende noch ein Kilo Bronze, das mir tunlichst nicht um die Ohren fliegen sollte. Den letzten Millimeter sägte ich von Hand durch, dann konnte ich nach erneutem Werkzeugwechsel das Ende mit dem Ansatz für den Hakenschlüssel auf Mass drehen. Nach klassischem Kantenbrechen mit Drehstahl wo es ging und mit Schlichtfeile wo nicht, konnte ich die fast fertige Buchse aus dem Drehbank nehmen. Nur um gleich auf der Fräse weiterzumachen. Hier ging es darum, die vier Nuten für den Hakenschlüssel anzubringen. Dies ging recht schnell, wiederum dank eines passenden und in Jahrzehnten nie gebrauchten Spezialfräsers. Nun musste ich nur noch die Fräskanten brechen, dafür haben wir Mechaniker so klitzekleine Feilen.

Bei der abschliessenden Anprobe zeigten sich dann alle Beteiligten sehr kooperativ, das Lager flutscht lehrbuchmässig und ein Gefühl der Erleichterung machte sich breit.

Nun kann ich morgen endlich das Zahnsegment an seinem realen Arbeitsplatz ein letztes Mal nachschleifen, dann sollte nach menschlichem Ermessen alles getan sein, um eine zeitgemässe Lenkung zu haben. Ich bin schon mal sehr gespannt.

Ein paar Bilder von der Buchse habe ich auch noch gemacht:

http://www.pixum.de/viewalbum/?id=2703415

Und abschliessend wiedermal ein fröhlicher Gruss,

Oliver

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Hallo Oliver, wenn ich mir dein Auto so aus der "5-Uhr-Perspektive" ansehe, weiß ich warum meine Corgi und Dinky-Modelle so komische Achsen haben. Ich dachte immer, die konnten oder wollten die Felgen/Achsen nicht so filigran bauen, dabei ist es einfach authentisch! Habe zwar schon einige 5HP gesehen, ist mir aber noch nie so wirklich aufgefallen. Vielleicht liegt´s an der Perspektive oder daß man im Alter die Dinge mit anderen Augen sieht?

Definitiv hast du aber ein sehr schönes Auto!

Du solltest deine Erfahrungen auf jeden Fall weiter führen, am besten auch in gebundener Form. Es macht einfach Spaß, deine Beiträge zu lesen. Wenn Otto seine Frankreichfahrten wie geschnitten Brot verkauft, brauchst du dich mit deinen schriftlichen Ergüssen nicht zu verstecken.

Mach bitte weiter so!

Gruß, Uli

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Das Leben ist hart. Oder meine Ansprüche zu hoch. Jedenfalls werde ich die schöne neue Bronzebüchse gleich nochmal bauen. Vier Hundertstelmillimeter radiales Spiel sind zuviel für meinen Geschmack. Aber das sind ja recht harmlose Ansprüche, die sich durch etwas Arbeit befriedigen lassen. Meine Ansprüche ans Radioprogramm hingegen lassen sich meist nur durch Ausschalten befriedigen.

Wie der Zufall so spielt, habe ich vor einigen Jahren einen Satz Verstellreibahlen angeschleppt. Damit sollte ich die Bohrung auf absolut minimales Spiel hinkriegen, und wohl einfacher als auf dem Drehbank. Die Bohrung ist 65mm lang, das stellt doch einige Ansprüche an die Gelduld des Drehers.

Es ist übrigens kein Schreibfehler, wenn ich vom Drehbank schreibe. Natürlich heisst das auf Deutsch die Drehbank, aber das ist wiedermal einer der seltsameren Unterschiede zwischen Schweizerdeutsch und Hochdeutsch, dass das Gerät hier männlich bezeichnet wird.

In letzter Zeit habe ich recht viel Zeit am Drehbank verbracht, nicht für mein Hobby, sondern als Broterwerb. Ich mag diese Maschinen sehr, das Spiel mit Stahl, Schmieröl und Rauch fasziniert mich nicht minder, als der traumwandlerische Tanz mit all den Hebeln und Getrieben. Nirgendwo sonst stehe ich in direkterem Kontakt zu den Naturgesetzen, meine Sinne sind bei diesen Arbeiten auf eine ungewöhnliche Art geschärft, auch wenn ich bei solchen Arbeiten einen eher abwesenden Eindruck erwecke. Die Wahrnehmung reduziert sich auf die Stellung der drei Spindeln, den Zustand des Werkzeugs und seiner Umgebung, das Bild der frisch gedrehten Oberfläche, auf Form und Farbe der Späne und schliesslich auf eine umfassende Welt aus Geräuschen und Vibrationen, die von der Maschine ausgehen. Sehr hilfreich sind mir dabei meine gesammelten Mechanikerhandbücher aus der Zeit, als meine Maschinen noch neu waren.

Und irgendwie fühle ich mich viel wohler in einer rauchgeschwängerten Werkstatt an einem Drehbank, der trotz seiner zwei Tonnen vom Arbeiten heissgelaufen ist, als in meinem Büro, wo nur ein öder Computer steht, der mir noch nie das Gefühl vermittelt hat, wahrhaft damit gearbeitet zu haben. Aber Vergleiche zwischen diesen beiden Geräten sind müssig, so wie auch zwischen modernen Fahrzeugen und alten Autos. Ausserdem steht für konventionelle Drehbänke nur ein einziges Betriebssystem zur Auswahl, dafür aber eines, das ohne Bugs oder Viren auskommt: die Physik.

Heute habe ich einen lustigen Satz gelesen, es ging um die Erteilung der Erlaubnis, ein altes Chiffriergerät temporär nach Deutschland einzuführen. Der Satz war folgender:

"Der Fall beschäftigte etliche Beamte im Kanzleramt, bis am Ende ein hoher Beamter die Erklärung mit der Begründung ablehnte, es sei doch sehr fraglich, ob es sich bei einer Maschine um ein Kulturgut handeln könne."

Bis ich dem Mechanismus von Antikythera http://de.wikipedia.org/wiki/Mechanismus_von_Antikythera begegnete, war ich der Ansicht, dass die Mechanik und der Maschinenbau in kultureller Hinsicht die bestimmenden Elemente unserer modernen abendländischen Zivilisation seien. Dass wir auf unsere geistige Welt hier nicht stolz zu sein brauchen, war mir schon nach dem Studium verschiedener Quellen aus der barbarischen Antike klar. Das obige Zitat bestärkt mich in der keimenden Ansicht, dass sich unser Zeitalter vor allen Dingen durch eine unglaubliche Dummheit auszeichnet. Natürlich geht mir diese Geringschätzung unserer mechanischen Kultur heftig gegen den Strich. Obschon gerade der Prestigemangel solcher Tätigkeiten ja durchaus seine Vorteile hat, jedenfalls in moralischer Hinsicht.

Und wenn das Stichwort vom Prestige schon mal gefallen ist... Ich habe die letzten vierzehn Jahre vorwiegend in der Werkstatt verbracht, mein Kontakt zur Oldtimerszene war eher zufälliger Natur. Diese Geschichte hier hat mich nun dazu verführt, meine Fühler etwas weiter in die sog. Oldtimerszene auszustrecken. Besonderes Augenmerk richtete ich dabei auf Vorkriegsautos und Motorräder. Vielleicht hätte ich das besser unterlassen sollen. Meine diesbezüglichen Illusionen sind jedenfalls wie ein Kartenhaus in Zeitlupe zusammengefallen. Als ich mich in Jugendjahren begann, für alte Autos zu interessieren, was das eine Welt des Seins und die Protagonisten trugen meistens einen Blaumann.

Die schöne neue Oldtimerwelt, der ich heute begegne, ist eine Welt des Scheins und dicker Portemonnaies, dafür sieht man die Blaumänner heute nicht mehr. Ein Blick aufs aktuelle Angebot an Vorkriegsautos könnte einen auf die Idee bringen, dass damals fast nur Rennwagen und einige wenige teure Limousinen unterwegs waren. Wenn da nicht das häufige Wort special in den Verkaufsangeboten wäre... Damit sind fast immer späte Umbauten der Karrosserie gemeint. Dementsprechend gestaltet es sich heute relativ leicht, eine guterhaltene Limousinenkarrosserie zu einem Vorkriegswagen zu finden. Die liegen mittlerweile in grösseren Mengen herum, sozusagen als modernes Abfallprodukt der Oldtimerei. Dafür dürfen wir uns heute glücklich schätzen, an manchen historischen Rennanlässen mehr Rennwagen einer Marke zu sehen, als diese während ihres gesamten Bestehens produziert hat.

Ein ganz besonders liebenswerter Auswuchs dieser Art sind die vielen historischen Rennwagen der Marke American LaFrance. Alleine im Museum Sinsheim stehen drei Stück davon. Eigentlich baute ALF ja Feuerwehrwagen. Da diese einerseits aus Gründen der Zuverlässigkeit keine hochgezüchteten Motoren brauchen konnten, andererseits aber im Brandfall starke Pumpen antreiben mussten, kamen auch für die damalige Zeit überdimensionierte Motoren zum Einsatz. Nun ist es eine recht leichte Aufgabe, so ein Chassis zu verkürzen und die Feuerwehrausrüstung durch eine "Roadsterkarrosserie im Edwardianstyle" zu ersetzen. Gerne wird dann noch deine angedeutete Parallele zu Simplexrennwagen gezogen. Der moderne Laie steht dann vor so einem Gerät mit einem 14,5-Liter Sechszylindermotor. lässt seinen Blick ehrfurchtsvoll über den riesigen Kettenantrieb zu den Hinterrädern schweifen, hat keine Ahnung davon, dass die so nachgeäfften Rennwagen jener Ära schon jahrelang verstummt waren, als der zugrundeliegende LKW von ALF gebaut wurde und ist ungemein beeindruckt.

Vor dreissig Jahren hätten die meisten Oldtimerliebhaber ob solcher Auswüchse nur den Kopf geschüttelt. Und das, ohne Zugriff aufs Internet, wo man auf der Homepage von ALF nachlesen kann, dass sie lediglich einen einzigen Rennwagen gebaut hatten, der aber 1912 noch vor seinem ersten Renneinsatz verunfallte. OK, das war jetzt Insiderwissen...auf der Homepage steht nur, dass er zurückgezogen wurde.

Aber der eigentliche Knackpunkt ist, dass ich mich mit meinem Fünfer ohne es zu wollen in eine Gesellschaft begebe, bei der heute der Schein weitaus mehr zählt als das Sein. Auch sind es nicht mehr Mechaniker, die sich sonntags an Oldtimertreffen tummeln, denn die können sich ja einen Vorkriegswagen gar nicht mehr leisten. Dafür trifft man zumeist Menschen, die das alten Klischee des Neureichen vollumfänglich ausleben.

Mein ganz herzlicher Dank geht daher an die speziellen Auktionshäuser, die aus einem ehedem interessanten und lebendigen Hobby ein pseudoelitäres und sehr teures, dafür aber auch sehr oberflächliches Vergnügen gemacht haben. Der Liebhaber interessanten Alteisens, früher ein technisch versierter Eigenbrötler, wurde heute anscheinend durch den gutbetuchten Investor abgelöst.

Alles in Allem eine eher unangenehme Situation, denn zu dieser Gesellschaftsschicht passe ich so gut wie ein Fisch in die Schwimmerkammer. Allerdings kann ich es jetzt niemandem mehr übelnehmen, wenn er der Vorkriegsszene gegenüber seine Vorbehalte hat. Ich auch.

Noch ein paar Worte zum Fünfer selber. Mittlerweile ist die frische Vorderachse in greifbare Nähe gerückt, nächste Woche sollte ich sie abholen können. Was das Fahren betrifft, so halte ich es wohl wie seine Vorbesitzer, denen es um diese Jahreszeit einfach zu kalt dafür war. Aber sobald die Vorderachse gemacht ist, werde ich mich nicht mehr zurückhalten können.

fröhliche Grüsse aus dem eisgekühlten Süden, und ja, der Nachmittag war heute lang,

Oliver

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Winterliche Verzweiflungstat....ich habe begonnen, den Fünfer zu polieren. Aus purer Langeweile, nachdem ich erst meiner Ente einen Vollservice verpasst habe und danach gleich noch den Ponton für den Winter fitgemacht habe.

Letzteren muss ich hier auch mal loben, auch wenn es kein Citroen ist und altershalber auch kaum die Chance besteht, dass sich eine recycelte Ente in sein Blechkleid eingeschlichen haben könnte. Seit nunmehr drei Jahren dient er mir in den Momenten, wo ich etwas mehr Komfort beim Fahren erleben möchte, ohne dabei auf die Annehmlichkeiten eines unmodernen Autos verzichten zu müssen. In der Zeit haben wir so um die 15tkm abgespult, ohne jegliche Störung, und bei minimalen Materialkosten. Im Moment steht der Materialkostenzähler bei 120 Euro, und der Zeitaufwand zum Unterhalt hält sich dank einer augenscheinlich gut durchdachten Kontruktion auch in sehr engen Grenzen. Sogar bei Minusgraden startet er klaglos, trotz seiner lausigen sechs Volt, die er mit der Taschenlampe in seinem Handschuhfach gemein hat. Sein Hauptvorteil liegt für mich darin, dass ich sein Radio ohne Einsatz eines 200 Watt-Verstärkers wahrnehmen kann, also ein heftiger Gegensatz zur Ente.

Sein Temperament hingegen ist vergleichbar mit dem einer Bleifreiente.

In den letzten beiden Monaten bin ich vor lauter Maschinenbauen kaum zum Autofahren gekommen. So fiel es mir nicht gerade schwer, die längst überfällige Wartung meines Brachialerpels hinauszuschieben. Aber gestern war Schluss damit. In letzter Zeit hatte er ja öfters ein reichlich originelles Startverhalten gezeigt. Seinen Anfang hatte das mit einem Oldtimertreffen genommen, wahrscheinlich wurde er angesichts all des Lackes neidisch, so blank und verzinkt wie er dastand. Beim Starten dann knallte er höllisch aus dem Aufpuff, was mir natürlich viel Freude bereitete. Ich hätte es nicht besser auf den Punkt bringen können.

Das Ventilspiel war noch perfekt, ich musste bei keinem Ventil nachstellen. Der Unterbrecher jedoch öffnete nur noch knapp 0,2mm, also stellte ich ihn wieder richtig ein. Um dann festzustellen, dass die Nockenwelle einen leichten Schlag hatte, den ich aber fröhlich und brachial mit Hammer und Holzklotz richtete. Eine abschliessende Kontrolle des Zündzeitpunktes ergab dann, dass er zu früh war. Nichts leichter als bei einer Ente den Zündzeitpunkt einstellen, und so stand mir der heutige Tag für andere Untaten zur Verfügung. Nachdem ich meine gesammelten Entenräder sortiert hatte, zog es mich wieder zum Fünfer. Der steht nach wie vor aufgebockt in seiner Garage, in Erwartung einer frischen Vorderachse. Und so kam es, dass ich heute zum Lappen griff. Normalerweise mache ich das nur vor dem Vorführen, ich habe nach wie vor starke moralische Bedenken in Bezug aufs Autowaschen.

Viel kann man vom Autowichsen ja nicht berichten. Aber ich habe mich schon über den tiefen Glanz der schwarzen Karrosserieteile gefreut. Und bin ja schonmal sehr gespannt, wie der frisch gewichste Fünfer im Sonnenlicht aussehen wird.

Nächste Woche sollte das Abenteuer Vorderachse wieder weitergehen, ich werde davon berichten.

mit fröhlichem Gruss

Oliver

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Toll, wo du uns überall hinführst, das hatte ich mir noch nie überlegt, aber recht hast du!

Zitat:

Dass wir auf unsere geistige Welt hier nicht stolz zu sein brauchen, war mir schon nach dem Studium verschiedener Quellen aus der barbarischen Antike klar. Das obige Zitat bestärkt mich in der keimenden Ansicht, dass sich unser Zeitalter vor allen Dingen durch eine unglaubliche Dummheit auszeichnet. Natürlich geht mir diese Geringschätzung unserer mechanischen Kultur heftig gegen den Strich.

Schwierig wirds dann, wenn man dann mal alles mechanische know how verloren, vergessen, wegrationalisiert hat und wie die schweizer Uhrenindustie fast wieder bei Null anfangen kann.

Grüss dich aus dem Westen.

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Hallo!

Nachdem ich von Anfang an mitgelesen habe, muß ich jetzt einmal sagen, daß auch mir sowohl Inhalt als auch Stil der Beiträge von Oliver sehr gut gefallen. Ich wünsche weiter viel Freude mit der alten Technik!

Grüße aus Wien

Michi

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Seid gegrüsst, Liebhaber alten Eisenoxids !

Immer wenn ich das Gefühl habe, schon viel zuviel geschrieben zu haben, taucht ein Beitrag auf, der mich zum Weiterschreiben ermutigt. Und so ist diese Geschichte auch von vielem Auf und Ab geprägt. Das Auf besteht aus vielen positiven Rückmeldungen - anscheinend stehe ich mit meinen unbedarften Ansichten ja nicht ganz so alleine da, wie ich dachte - und das tut recht gut. Und über die unangenehmeren Seiten meiner Alteisenleidenschaft habe ich ja schon einiges geschrieben. Ein netter Mix aus Beidem ergibt sich aus Momenten wie gestern, wo ich beladen mit höchst seltsamem Alteisen die mittlerweile schon recht hohe Wahrnehmungsschwelle meiner Familie überschreite.

Gestern war nämlich Teilemarkt. Genauer gesagt waren es deren zwei, glücklicherweise in zwei völlig unbedeutenden Käffern, die aber immerhin benachbart liegen. Das sorgt regelmässig für Stress, besonders wenn man auf der Hinfahrt die Autobahn nicht findet, bzw. nicht wirklich finden will.

Das Dumme an solchen Teilemärkten ist, dass man sich dabei recht alt fühlt, wenn man auf Vorkriegsschrott steht. Der macht sich mittlerweile recht rar, oder er taucht bis aufs blanke Messing herunterpoliert zu originellen Preisen auf, die den Verdacht keimen lassen, dass es wohl auch gutbetuchte Sammler für alte Wagenheber geben muss.

Was mich an solchen Teilemärkten besonders anzieht, sind nicht die Teilehändler. Ich kann mir meine Teile in den meisten Fällen ja selber in besserer Qualität herstellen, aber mittlerweile findet man dort auch ältere Herren, die die Einrichtung ihrer mechanischen Werkstatt, die sie vor etlichen Jahren schliessen mussten, schweren Herzens feilbieten. Dies mit eher weniger Erfolg, was aber nicht weiter erstaunt. Die dort feilgebotenen Waren haben zweierlei gemein. Ihre Funktion ist für viele Marktbesucher nicht nachvollziehbar, und sie sind teuer. Zumindest erwecken sie diesen Eindruck beim Laien. Ich konnte aber trotzdem nicht widerstehen und habe mir etliches Werkstattmaterial geleistet. Darunter eine Schublehre Marke Etalon für den Gegenwert von rund 60 Euro. Das ist viel Geld für einen Messchnabel, aber als das Ding vor fünfzig Jahren neu war, kostete es rund 300 Euro. Dazu einige Schablonen und Kaliber zum Schleifen von Drehstählen und Bohrern und schliesslich eine Handvoll Ölsteine zum Schärfen von Drehstählen. Über die habe ich mich besonders gefreut, die meisten davon sind heute im Handel nicht mehr erhältlich. So ähnlich wie ich. Und dann stolperte ich noch über einen Anreissbock, also einen Halter mit einer verstellbaren Reissnadel, mit dem man früher Teile auf der Anreissplatte markierte. Ich habe zwar schon einen, sogar mit Skala und Nonius, aber der alte stand dort noch immer ungebraucht, nach sovielen Jahren, am Teilemarkt. Und kein Schwein interessierte sich dafür. Dabei ist er von der Ausführung her ausgesprochen interessant, er verfügt über eine sehr wirksame Feineinstellung und sein Stahlsockel ist auf eine recht wunderliche Art behandelt, die seine Oberfläche ähnlich wie marmoriertes Papier, aber in verschiedenen Metallfarben schillern lässt. Das wurde allerdings erst nach der Reinigung sichtbar und erhöht die Freude an dem Teil ungemein.

Aber eigentlich geht es hier ja um einen alten Citroen. Und der kam auch nicht zu kurz, ich habe jetzt eine frische, angenehm rostige Vorderachse, und eine schöne, grosse 6Volt-Tröte. Die Tröte ist noch in Topzustand, ich werde lediglich einen stilechten Halter dazu bauen müssen.

Die Vorderachse macht einen sehr guten Eindruck, sie zeigt keine Spuren von Unfällen und die Bohrungen für die Achsschenkelbolzen sind noch rund. Sie ist erstaunlich leicht für so ein essentielles Bauteil, ihr Klang beim Beklopfen weist aber auf ein erstklassiges Material hin. Die ganze Achse ist gesenkgeschmiedet, ich hätte ja zu gerne einmal gesehen, wie das damals vonstatten ging. Aber solche Fotos sind leider sehr selten geworden, wie ja auch das Wissen um solche Prozesse.

Aber was sage ich...am Teilemarkt ist mir ja auch aufgefallen, dass irgendwelche Bastlerdrehbänke an schön dekorierten Ständen weitaus mehr Aufmerksamkeit genossen als die Stände, wo das zu deren Anwendung notwendige Material günstig gebraucht feilgeboten wurde. Und so vermute ich mal wieder....

Nämlich, dass es eine grössere Anzahl an kaum benutzten Bastlerdrehbänken in Kellern hat.

Bevor ich für heute zum Schluss komme - ich habe weitergewaschen und poliert. Aber das hat ja jetzt bald wieder ein Ende, dank der Vorderachse kann ich mich ja jetzt wieder von derartigen Verzweiflungstaten abwenden.

Als nächstes steht an: Vorderachse fertig entrosten, die darin festgerosteten Bolzenreste entfernen, dann auf Risse prüfen, phosphatieren, grundieren und Lackieren. Weiter gehts dann mit der Lagerung der Achsschenkelbolzen, die sicher auch nach etwas Zuwendung schreit. Und dann steht ja schon der Achstausch an. Das alles ist aber nur die Vorarbeit für die Konstruktion der Stützgabeln, die zukünftig das Kippen der Achse beim Bremsen verhindern sollen. Geeignetes Rohmaterial dafür habe ich in den Spurstangen von Enten gefunden. Bis Weihnachten sollte mir also nicht langweilig werden.

fröhliche Grüsse mal wieder,

Oliver

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Heute habe ich die Achse endlich soweit, dass ich sie sandstrahlen kann. Die Achse ist mit zwei U-förmigen Bügeln am Federpaket befestigt. Anscheinend war der Vorbesitzer der frischen Vorderachse ein recht brachialer Zeitgenosse, so wie es aussieht, hat er die Bolzen mit einem Meissel abgeschlagen. Die Reste davon waren dann mit viel Rost als Bindemittel zu einem Teil mit der Achse geworden. Ein kurzer, hilfloser Versuch auf der Presse zeigte schnell, dass es nicht einfach würde, die Bolzenreste zu entfernen.

So habe ich nach Feierabend die Fräsmaschine gekapert und die Bolzenreste durch 8mm-Löcher ersetzt. Dazu war ein Fräser weitaus besser geeignet als ein Bohrer, denn die Bolzen waren knapp unterhalb der Achsoberfläche abgerissen und hatten eine sehr unregelmässige Oberfläche, die jeden Bohrer beim Ansetzen zur Verzweiflung getrieben hätte. Ganz durchgebohrt habe ich sie dann auf der Bohrmaschine, aus einem einfachen Grund: Bohrer kann ich selber nachschleifen, im Gegensatz zu Fräsern. Und das Material der Bolzen war sehr zäh, logischerweise, denn daran hängt ja ein ganzes Auto. Die Bolzen selber waren ursprünglich 10mm dick, so blieb nach dem Bohren eine dünnwandige Hülse zurück, die ich mit einem Meissel heraustrieb.

Morgen werde ich noch schnell vier Holzzapfen drehen, um die Bohrungen der Achsschenkelbolzen beim Sandstrahlen zu schützen. Und wenn nichts dazwischenkommt, werde ich die frisch lackierte Achse dann am Wochenende unters Auto bauen. Jetzt muss ich mich aber schleunigst auf die Suche nach vier Spurstangen von der Ente machen...

feierabendliche Grüsse,

Oliver

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Hallo Oliver,

auch von mir ein großes Lob für deine (auch für Nicht-Drehbankkundige) leicht und verständlich zu lesenden Texte über solch nicht alltägliche Materie.

Allein wenn ich mir schon vorstelle, in solch einem "Gerät" - ich finde da paßt diese Bezeichnung durchaus - wie deinem Citroen 5HP zu fahren... ein Traum!

allzeit gute Fahrt und gutes Gelingen wünscht

Victor

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Guten Abend Ehrwürden!

Begeistert, ja beschämt lese ich seit Monaten Ihre Beiträge zur Kultur der Erhaltung der Motoristik (oder der Bearbeitung von Metallen, auch zur Fortbewegung) und zur Kultur der deutschen Sprache. Der feine Drechsel, angewandt auf die Erzeugung von Spänen und angespitzt auf das Versprühen von feinsten und differenzierenden Verbalien hat mich schwerst beeindruckt. Selbst bin ich Chemiker und seit einem Jahr bekennender ID19B Fahrer, tagein, tagaus. Damals, in meinen Jungendtagen, neben dem Studium der Chemie, wurde sehr schnell das Instandsetzen von Fahrrädern, mein "DING". Ohne irgendwelche Ausbildung bedeutete das, probieren, bohren, wundern, Werkstoffe, wieder nicht gegangen, viele Stunden im Keller und es ging immer noch nicht und dann ging es. Es war wunderbar. Es war aber auch überhaupt nicht unähnlich zu meinem Studium der Chemie. Mein Gott, wie viele Stunden, sei es im Labor, sei es im Keller. Immer nur lernen und die Demut vor dem, was andere vor mir geschaffen und geschafft hatten, sehr lehrreich.

Nach vielen Jahren, in denen ich mich diesen, primären Lehrjahren, auch der primären Akkumulation von Arbeit und von Kapital gewidmet hatte, konnte ich mir in diesem Frühjahr die wirkliche Gunst erlauben, das zu tuen, wonach es wohl offensichtlich mich verlangt, nämlich mit einem lieben Werkstattmeister Projekte anzugehen, die mit Metall, mit Öl, mit Zahnrädern, mit Fräsen, ach mit allem was mich halt glücklich wohl macht, zu tuen hat. Nebenbei, meine Arbeit, das Erfinden von niedermolekularen Wirkstoffen, finde ich auch toll, aber jetzt bin ich vollständiger. Upps, wem das zuviel Pathos war, der kann ja weiterblättern. Ich würde Sie jedenfalls gerne einmal persönlich kennenlernen.

Mit wirklich herzlichen Grüssen,

Johannes

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  • 1 Monat später...

Winterpause oder so. Und dazwischen immer mal wieder so ein sonniger Tag mit einem blauen Himmel, wie ihn nur der Winter zustandebringt. Und ich muss arbeiten. Und das schon seit drei Monaten ohne nennenswerten Unterbruch. Das ist zwar eine sehr gute Ausrede, aber irgendwie unbefriedigend.

Nicht, dass ich die ganze Zeit untätig gewesen wäre, aber meine hochgesteckten Ziele habe ich mit Pauken und Trompeten verfehlt. Wir ersaufen im Moment förmlich in Arbeit in der Firma, und nach einem Tag intensivstem Maschinenbauen bin ich froh, mich aus der Werkstatt schleichen zu können.

Trotzdem habe ich - immerhin - die neue Vorderachse sandgestrahlt und lackiert, sowie Reduktionsbüchsen aus Messing eingebaut, damit die Achsschenkelbolzen auch in die neue Achse passen. Die Bohrungen zur Aufnahme des Achsschenkelbolzens in der neuen Achse waren einen halben Millimeter grösser als bei der alten, also habe ich mir hauchzarte Büchsen mit einem Viertelmillimeter Wandstärke gedreht und diese mit einem Tropfen Loctite eingesetzt.

Dabei musste ich eine schmerzliche Feststellung machen. Die alte, verbogene Achse ist kein Originalteil, sondern etwas ganz besonderes. Die Achsschenkel sind weiter nach oben versetzt als bei der originalen Achse, das heisst, dass das Auto mit der Spezialachse etwa 6cm tiefergelegt war gegenüber der Originalachse.

Sowas nervt ungemein. Also habe ich die verbogene Achse in den Schraubstock gespannt, mit dem Schweissbrenner zum Glühen gebracht und dann gerichtet. Dabei hat sich leider noch ein schlecht geschweisster, kleiner Riss gezeigt, und jetzt bin ich wiedermal dran, mich schlauzumachen. Diesmal geht es darum, ein gesenkgeschmiedetes Teil fachgerecht zu schweissen.

Die tiefergelegte Achse reizt mich halt viel mehr als die normale. Denn damals begann eine Modeerscheinung, die bis heute nicht abgeebbt ist, das Tieferlegen von Autos. Netterweise lässt sich der 5HP auf der Hinterachse durch das Zwischenlegen von Holzkeilen an der Blattfederaufnahme am Chassis tieferlegen.

Diese Modeerscheinung fand übrigens vor dem Krieg ihren Höhepunkt in den Autos von Voisin, die dann auch die Bezeichnung "chassis surbaissé" trugen. Bei Neukonstruktionen konnte dies relativ einfach erreicht werden, indem die Achsen oberhalb des Chassis liefen, bei alten Schwarten wie dem Fünfer gab es offensichtlich im Zubehörhandel entsprechende Lösungen zum Nachrüsten, ganz ähnlich wie bei modernen alten Schwarten.

So schön die tiefergelegte Achse auch sein mag, einen Nachteil hat sie. Dadurch dass sie stärker gekröpft ist, ergibt sich beim Bremsen ein weitaus höheres Drehmoment, schlicht weil der Hebel gegenüber der Blattfeder um gut 6cm länger ist. Somit steht fest, dass meine Vorderbremse sich mit der neuen Achse besser benehmen und nicht immer so aufschaukeln würde. Das Problem habe ich aber bereits mit den Abstützungen gelöst. Mein Glück ist, dass die Achsschenkelbolzen so gestaltet sind, dass ich die Abstützungen ohne Abänderung montieren kann. Lediglich die untere Mutter muss ich neu anfertigen, eine kleine Sache.

Es ärgert mich halt ungemein, dass ich im Moment kaum weiterkomme, aber da geht es anderen wohl noch schlimmer. Im Moment wäre das Fahren ja doch eher ein masochistischer Spass, die Temperaturen sprechen trotz Sonne nicht gerade für längere Fahrten in einem zugigen, ungeheizten Auto. Allzu weit würde ich ja auch nicht kommen, ich habe normalerweise Strom für etwa eine Stunde Licht an Bord.

Und so bleibt es bei der Vorfreude auf die hellere und wärmere Jahreszeit.

Ach ja...zwischenzeitlich habe ich ihn auf Hochglanz poliert. Soweit kann die Verzweiflung einen treiben !

Grüsse aus dem Winterschlaf,

Oliver

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  • 2 Wochen später...

Seid gegrüsst, Freunde alter Benzinzerknaller !

Wir sind wieder unterwegs. Heute habe ich endlich mal einen freien Tag einlegen und auch nutzen können. Jetzt befindet sich die neue, nicht tiefergelegte Achse unter dem Auto und arbeitet mit der praktisch spielfreien Lenkung gut zusammen.

Im Moment herrscht wahres Bilderbuchwetter, und so konnte ich schrauben, ohne mir dabei den Arsch abzufrieren. Danach konnte ich mir eine Probefahrt nicht nehmen lassen, bei der sich ein etwas zahmeres Fahrverhalten zeigte, wenigstens in Bezug auf Details wie Lenkungsspiel. Allerdings ist die ganze Geschichte noch nicht eingestellt, das ist die Aufgabe der nächsten Tage.

Das schöne Wetter hat mich dann auch gleich zu einer zweiten, etwas längeren Probefahrt animiert, diesmal mit offenem Dach. Das direkte Resultat ist ein vollkommen authentischer steifer Nacken und Kopfschmerzen. Aber sowas vergeht schnell wieder. Dafür bin ich heute in den Genuss einer polizeilichen Routinekontrolle gekommen. Wahrscheinlich lag es an meiner unglaubwürdigen Unverdächtigkeit, zu schnell war ich jedenfalls nicht, wie mir die Herren aufs Glaubwürdigste versichern konnten. Nach einem freundlichen Beschnuppern des Fünfers und seiner Abgase - ich wollte ihn nicht abstellen, weil ich zu faul zum Ankurbeln war und die Batterie noch nicht richtig geladen ist - kamen wir zum Schluss, das meine Abgase noch "der richtige Stoff" seien und verabschiedeten uns wieder fröhlich voneinander. Ich freute mich wiedermal ungemein, dass mein Fahrzeuggeschmack erstklassig von den Rauchgeräten des Fahrers ablenkt und fühlte mich einmal mehr auf meinem Weg der archaischen Benzinzerknallung bestätigt. Und das im fröhlichen Bewusstsein, den Alltag der beiden jungen Ordnungshüter angenehm bereichert zu haben.

Jedenfalls ist es wieder soweit, wir sind wieder auf der Piste. Jetzt steht noch etwas Feinarbeit an, um die Vorderachse einzufahren und einzustellen, dann kann ich mich endlich daran machen, die im letzten Herbst unsanft unterbrochene Fahrt zum Espressoschlürfen nach Luzern fortzusetzen.

fröhliche Grüsse vom erkälteten, aber wieder mobilen

Oliver

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Ich habe dem Schicksal gleich nochmal einen Tag abgetrotzt und siehe da...jetzt verfügt der Fünfer über ein verstellbares Lenkgestänge. Ab Werk war das nicht so, die Vorspur war fest vorgegeben durch die Länge der Koppelstange mit ihren zwei fixen Gabelköpfen. Nun wurde bei meiner Achse ein wichtiges Mass verändert, ohne dass dem dabei Rechnung getragen wurde. Durch die Montage der abgeänderten Radnaben mit Bremsankerplatten wurde die vordere Spurweite geringfügig erhöht. Dem damaligen Ausführer dieses Umbaus war dabei genauswenig wie mir bewusst, dass bei Verwendung der originalen Koppelstange jegliche Vorspur flöten ging.

Ich hatte bisher die teilweise recht abenteuerlichen Fahreigenschaften der unpräzisen Lenkung zugeschrieben. Mittlerweile weiss ich es besser. Es schwante mir ja schon lange, dass da noch ein übler Hund begraben sein könnte, daher hatte ich es tunlichst unterlassen, die Lenkgeometrie jemals zu vermessen. Der Handlungsbedarf war ja offensichtlich, ohne dass man sich dazu die gute Laune verderben lassen sollte. Heute jedoch, in der Absicht, die Geschichte endlich zu richten, habe ich es gewagt. Das Resultat war erstaunlich, die Räder zeigten vorne fast fünf Grad auseinander. In meinem Kraftfahrerhandbuch von 1941 steht dazu klipp und klar, dass die Räder zueinandergestellt werden sollten, 1-3° würde vollauf genügen, um die Tendenz zum Flattern zu unterbinden.

Also baute ich mir flugs eine schöne Hülse und zwei Muttern mit einem 3/8"-Gewinde. Aus Gründen der Pietät erspare ich dem Leser diesmal die Beschreibung der minutenschnellen Aktion am Drehbank - es ist eine Freude, in einer gut eingerichteten Werkstatt arbeiten zu können.

Normalerweise würde man so eine Hülse zur Hälfte mit einem Rechts- und zur Hälfte mit einem Linksgewinde versehen, die einzuschraubenden Enden der Koppelstange dann ebenso. Dazu war ich definitiv zu faul, so kann ich jetzt halt nicht unendlich fein einstellen, sondern in Schritten, die der Gewindesteigung entsprechen. Montiert war das Gestänge dann in Rekordzeit und die Probefahrt war ganz verblüffend. Das Fahren ist plötzlich um Welten entspannter, das Auto schlenkert nicht mehr wild herum und hat jetzt sogar einen weitgehend belagsunabhängigen Geradeauslauf. Bisher musste ich gerade bei Spurrillen immer enorm aufpassen.

So langsam zeichnet sich ein Ende der Lenkproblematik ab. Aber die nächste Arbeit wartet schon auf mich, diesmal sind es die Abstützungen für die Vorderachse. Das bedrohliche Kippmoment der Achse beim Bremsen wurde zwar mit der nicht mehr tiefergelegten Achse besser, aber befriedigend ist es noch nicht.

Die heutige Ausfahrt war jedenfalls die entspannteste von allen bisherigen.

mit höhergelegtem Gruss

Oliver

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Die Idee der Tuningkits für den Fünfer ist an sich ja ein alter Hut. Damals gab es in der Tat etliches Umbausätze, die bei geänderten Nockenwellen begannen, über obengesteuerte Zylinderköpfe weitergingen und ihre Krönung im mechanischen Turbokompressor Marke Crespelle gipfelten. Für die seitengesteuerten Motörchen gab es auch modernere Zylinderköpfe mit Ricardo-Brennkammern. Das war damals bei den seitengesteuerten Motoren das Nonplusultra und der Umbauaufwand hielt sich in engen Grenzen.

Man könnte sich höchstens diskret am Kopf kratzen bei der Vorstellung, dass es sich allen Umbauten zum Trotz um einen Automotor mit einer Leistung handelt, die heute bei einem Roller milde belächelt würde.

Die Batterie ist im Moment noch etwas schlapp, die Leistung der Lichtmaschine tut ihr Teil dazu, das noch für einige Zeit so zu erhalten. Also glänze ich wiedermal als eifriger Ankurbler, wobei ich mich jedesmal sehr darüber freue, dass der Fünfer zuverlässig auf den ersten Zwick anspringt. Ausserdem besitzt es eine Art touristischen Unterhaltungswertes, der oft zu netten Gesprächen führt.

Jetzt bin ich immerhin schonmal mobil und kann am Feierabend wieder stilecht mit dem Fünfer vor dem Tante-Emma-Laden vorfahren. So blöd das klingen mag, aber ich lege darauf halt sehr viel Wert.

fröhliche Grüsse, "on the road again"

Oliver

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